Das Schreiben lieben – aber regelmäßig?

Das Schreiben lieben – aber regelmäßig?

Als Autorinnen und Autoren bekommt man von Kolleginnen und Kollegen, die schon veröffentlicht haben, meist diesen Tipp: Eine Schreibroutine ist notwendig, sonst bleibt man immer „Hobbyschreiber“. Doch das Schreiben in seinen Alltag zu integrieren, ist gar nicht so einfach. Nachdem Liza Grimm euch schon vier Tipps zum regelmäßigen Schreiben gegeben hat, möchte ich heute eine Neuauflage wagen – und euch Mut machen!

Das Leben und die Schreiblust

Ich schreibe schon seit meinem zwölften Lebensjahr, aber ich habe nicht immer regelmäßig geschrieben. Das Leben kommt dazwischen, und mit Leben meine ich: Abschlussprüfungen und die Karriere, Freunde und Familie, die Liebe und manchmal Liebeskummer. Nicht nur Verpflichtungen halten uns vom Schreiben ab, auch Stress sorgt für Blockaden. Wenn ich nicht weiß, wie ich meine berufliche und familiäre To Do-Liste in 24 Stunden integrieren soll, wie soll ich dann noch Zeit fürs Schreiben finden?

In meinen fünfzehn Jahren als aktiv Schreibende habe ich schon viele Methoden ausprobiert, und manche davon waren erfolgversprechend. Die Tröpfchen-Methode „Ich schreibe, wenn ich Lust darauf habe“ ist bei mir schwierig, weil ich immer Lust aufs Schreiben habe und Schreiben mein Prokrastinationsmittel Nummer 1 ist. Da bin ich merkwürdig. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich nicht manchmal gegen eine Blockade renne und erst einmal einen Weg finden muss, diese innere Wand zu durchbrechen. Aber: Lust aufs Schreiben ist nie verkehrt. Wenn man Spaß daran verspürt, sollte man den Flow nutzen.

Schreibpartner*innen, Writing Buddys und Testleser*innen

Trotzdem habe ich nicht immer regelmäßig geschrieben, und kleinere Methoden haben mir geholfen, eine Routine zu entwickeln. Als Fünfzehnjährige hatte ich eine gute Schreibfreundin, die ebenfalls an einem Roman gearbeitet hat, und wir haben unsere Texte auseinandergenommen, uns kritisiert, unsere liebsten Szenen geteilt, und kurzum: Uns gegenseitig angespornt. Das hilft mir auch heute. Ein Schreibpartner oder eine Writing Buddy-Gruppe kann helfen, eine Routine zu entwickeln – einfach durch die Begeisterung, die Anteilnahme, das gegenseitige Anspornen. Auch Alpha- oder Betaleser können diese Funktion einnehmen. Denn was ist schöner als ein Mensch, der ebenso in der Geschichte drin ist wie man selbst? Diese Partnerschaft kann man gestalten, wie man möchte. Ich habe tägliche Arrangements gehabt – ich schicke vor dem Schlafen eine E-Mail mit dem neusten Material -, ich habe wöchentliche Termine abgemacht und: Ich habe mir selbst eine Deadline gesetzt, bis zu dem meine Schreibfreundin das fertige Manuskript im Posteingang haben sollte. Geeignet haben sich da Termine, die um Feiertage herum liegen, damit man notfalls noch ein paar Kapitel schreiben kann, wenn es eng wird. Spoiler: Mein Deadline-Manuskript war grottig, aber es war fertig.

Wenn diese Schreibpartnerschaft funktioniert, ist es super, aber auch hier gilt: Manchmal kommt das Leben dazwischen, und sobald man sich von einer anderen Person abhängig macht, steht einem nicht nur der eigene Alltag im Weg. Es gab Zeiten, da brauchte ich das High durch die Rückmeldung viel mehr als den Flow, den ich durch das Schreiben gewann, und sobald meine Schreibfreundin keine Zeit mehr hatte, regelmäßig zu lesen, ebbte auch meine Produktivität ab. Wichtig für diese Bindung sind Zuverlässigkeit, Zeit und Zugewandtheit (im Sinne von Kommunikation). Absprachen sind wichtig, in jeder Hinsicht. Daher mein Tipp: Seid immer ehrlich zueinander.

Gemeinsam ist man weniger allein?

Wer sich nicht von einer Person abhängig machen möchte, hat noch weitere Möglichkeiten, durch andere Autorinnen und Autoren motiviert zu werden. Wordwars, Schreibtouren und Schreibabenteuer können gemeinschaftliche Aktivitäten sein, die einen anspornen, die aber gleichzeitig nicht an bestimmte Personen geknüpft sind. Man verabredet sich zu bestimmten Terminen, fragt spontan nach, wer Zeit hat, oder nimmt sich eine Zeit vor, in der man eine Tour abarbeitet, und siehe da: Die weißen Flächen auf dem Papier füllen sich, der Kampf gegen die Schreibblockade beginnt. Hinzukommen weitere monatliche Aktionen, die Schreibmarathons und die Schreibnacht im Forum. All diese gemeinschaftlichen Aktivitäten, die regelmäßig im Forum angeboten werden, ermöglichen es Autorinnen und Autoren, ihren Schreibprozess anzukurbeln. Die eigene Wortzahl steht im Vordergrund, die eigenen überarbeiteten Seiten, die eigene Zeit, und verschiedene Aktionsmöglichkeiten sind besser an die eigenen Bedürfnisse anpassbar. Es gibt keine Teilnahmeverpflichtung, aber wenn man an einem Abenteuer oder bei einem Wordwar mitmachen möchte, lässt man sich von der Freude anspornen. Es hilft, wenn man weiß, dass auch gerade andere Autorinnen und Autoren vor ihrem Manuskript sitzen und versuchen, ihre Gedanken aufs Papier zu bringen. Da wird Schreiben fast eine Gemeinschaftsaktivität. Nach demselben Prinzip funktionieren auch der National Novel Writing Month (NaNoWriMo) im November und die beiden Camps im April und Juli. Ihr kennt sie noch nicht? Hier hat Lina euch erklärt, was das Camp NaNo genau ist. Für wen das nichts ist: Wecker erzeugen denselben Druck, seine wenige Zeit möglichst effektiv zu nutzen.

Schreibroutinen und Rituale

Dann gibt es noch die Autorinnen und Autoren, die sich eine Schreibroutine aufbauen und die täglich, wöchentlich, monatlich Zeit für das Schreiben einplanen. Manche entwickeln regelrecht Rituale – der Kaffee oder Tee am Morgen, zusammen mit dem Stift in der Hand. Eine Weile habe ich mir eine große Tasse schwarzen Tee gemacht und geschrieben, während er abgekühlt ist. Auf Twitter gibt es das #Team5am, also Autorinnen und Autoren, die sich um fünf Uhr in der Früh an ihr Manuskript setzen und vor dem Brotjob in die Tasten hauen. Manche Autorinnen und Autoren schreiben auf dem Weg zur Arbeit und nutzen die Zeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Beides kann helfen, Zeiten zu finden, die das Schreiben in den Vordergrund rücken. Wer diese Routine braucht, hat also Möglichkeiten. Wichtig ist, sie zumindest meistens einzuhalten, denn: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Regelmäßige Zeiten helfen, das Manuskript stetig weiterzuentwickeln und dran zu bleiben. Für mich war das nie etwas.

Ich habe 2018 eine weitere Methode ausprobiert:

Ich habe mir eine Exceltabelle angelegt, eine Jahresübersicht erstellt und jeden Tag meinen Wordcount eingetragen. Wichtig war nicht, dass ich jeden Tag geschrieben habe, denn mir war klar, dass ich das nicht schaffen würde. Die Anforderungen meines Berufs sind dafür zu wechselhaft und es gibt immer Zeiten, in denen andere Dinge Vorrang haben. Eine regelmäßige Routine funktioniert für mich einfach nicht. Daher habe ich mir ein Monatsziel eingerichtet:

Ich möchte pro Monat durchschnittlich 500 Wörter am Tag geschrieben haben.

Das sind etwa 15.000 Wörter im Monat und, wenn’s gut läuft: 2 Manuskripte im Jahr. Es ist nicht schlimm, wenn ich einen Tag nichts geschrieben habe, weil ich es im Durchschnitt wieder einholen kann. Für 2018 hat das super geklappt, ich hatte im August mein Jahresziel erreicht. Dieses Jahr läuft schleppender. Ich liege derzeit durchschnittlich bei 80 Wörtern pro Tag. Da hab ich noch einiges aufzuholen. Allerdings habe ich zwei neue Spalten hinzugefügt: Eine Spalte für Plotting-Tage, eine Spalte für Überarbeitungen. Denn nicht alles, was man für sein Autorenleben tut, lässt sich in Wordcounts festhalten. Die Tage, an denen ich an anderen Dingen fürs Autorenleben gearbeitet habe, halte ich jetzt auch fest – und kann so sehen: Ich habe mich meinem Schreiben gewidmet, auch wenn ich nichts geschrieben habe. Das motiviert. Es hat mir geholfen, meinen Wordcount zu notieren und von mir selbst Wörter einzufordern. Nicht jeden Tag, aber immer wieder. Regelmäßig.

Wichtig ist, für sich selbst die Methode zu finden, die funktioniert.

Es gibt keinen richtigen Weg und was bei dem einen zu Erfolgen führt, blockt den anderen total. Der Schreibprozess jedes Autors und jeder Autorin ist so individuell wie die Menschen an sich, und am Ende zählen nicht die Wörter, die man geschafft hat, sondern der Spaß, den man am Schreiben hat. Auszeiten und auch Prokrastination sind manchmal wichtig, um seine Reserven aufzutanken und mit neuem Elan ins Autorenleben zu starten. Niederlagen und Erfolge gehören dazu. Mein Tipp lautet daher immer: Schreib, wenn es sich für dich richtig anfühlt. Manchmal muss man sich zwingen, manchmal fliegt man nur so durch das Manuskript. Aber sobald du dich dem Schreiben, Plotten oder Überarbeiten widmest, bist du Autorin oder Autor, und das ist genug. Punkt.

Welche Tipps und Tricks habt ihr, um euch ans Manuskript zu setzen und zu schreiben? Welche Schreibroutinen habt ihr? Ich freue mich über jeden Kommentar!

P.S. Wie immer findet ihr in meinem Blogbeitrag Links zu den angesprochenen Seiten des Forums. Viel Spaß beim Stöbern!

3 Gedanken zu „Das Schreiben lieben – aber regelmäßig?

  1. Was bei mir nicht funktioniert: Das Zusammenarbeiten in Schreibgruppen, mit Schreibpartnern, denn ich arbeite lieber allein an meinen Texten, ehe sie an Betaleser*innen gehen. Bei Schreibmarathons, NaNoWriMo etc. fühle ich mich zu sehr unter Druck gesetzt.
    Was für mich bestens funktioniert: Ich höre immer instrumentale Musik (oder gelegentlich auch Soundlandschaften) beim Schreiben – stimmungsmäßig passend zu dem, was ich schreibe. Zum Beispiel Erdenstern für Phantastik aller Art. Ich hab auch mal einen Filmsoundtrack rauf und runter gehört, während ich eine Buchreihe geschrieben habe. Kein Witz: Das wurde mit der Zeit sogar zu einer Art Konditionierung – wann immer ich den Soundtrack gehört habe, war ich Minuten später in der richtigen Stimmung fürs Schreiben.

    1. Hey Amalia,
      ich find’s toll, wenn sich so kleine Routinen ins Schreiben einfinden, und dein Soundtrack-Hören scheint mir schon so etwas zu sein. Das ist klasse! Ich höre nur beim Überarbeiten Musik, beim Schreiben lenkt es mich häufig zu sehr ab. Wobei manche Lieder, die zu meinen Figuren passen, auch einfach nur große Schreiblust hervorrufen. Da kann ich mich auch ein wenig konditionieren.

      Schreibgruppen, Schreibpartner etc. sind auch nicht für jeden etwas. Jeder muss schauen, wie er oder sie sich zurechtfindet, und Wege für sich finden, wie das Schreiben gelingt. Ich habe auch Freund_innen, die sich vom Camp oder dem NaNo viel zu sehr unter Druck setzen lassen und die daher nicht daran teilnehmen. Manche brauchen den Ansporn, andere nicht. Wäre es nicht langweilig, wenn es für jeden von uns dieselbe Lösung gäbe?

      Ich wünsche dir noch viel Erfolg beim Schreiben!

      Liebe Grüße,
      Francis

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