LBM-Kurzgeschichte: Traum-Drache
Neben der Kurzgeschichte von Mikkel Robrahn wurde eine weitere Kurzgeschichte im Rahmen des Wettbewerbs anlässlich der (leider ausgefallenen) Leipziger Buchmesse eingereicht. Hier findet ihr den Beitrag von KuroiKumori.
Mit einem Seufzen ließ ich mich rückwärts aufs Bett fallen. Ich war erschöpft, die Arbeit war anstrengend gewesen. Während ich den Tag Revue passieren ließ, griff ich nach meinem Handy, das ich zuvor auf das Bett geworfen hatte. Der Bildschirm leuchtete sofort hell auf. Das Datum machte mich etwas betrübt. Es war Buchmesse in Leipzig. Ich kam dieses Jahr nicht hin und der morgige Tag war auch schon der letzte. Leider, wie ich unglücklich feststellen musste. Meine Hand mit dem Handy hatte ich schon längst wieder neben mich sinken lassen. Vielleicht sollte ich nochmal auf Twitter stöbern, was alle, die die Messe besuchen konnten, erlebt hatten. Es war interessant zu lesen, auch wenn es die Messe nicht ersetzte.
Vielleicht sollte ich das auch nicht tun, es würde mich nur noch betrübter machen. Aber andererseits …
Noch während ich darüber nachdachte, merkte ich, wie ich einschlief. Der Tag war wirklich viel zu anstrengend gewesen. Schlafen war eine gute Idee und da es mit der Buchmesse dieses Jahr nicht klappte, musste ich nächstes Jahr nach Leipzig fahren. So etwas wollte man einfach nicht verpassen und wenn doch, musste man es wieder nachholen.
Als ich meine Augen aufschlug, befand ich mich auf einer Lichtung und ein großer, grauer Wolf stand genau vor mir. Erschrocken wich ich einen Schritt zurück. Wütend knurrte mich das wilde Tier an. Genervt rieb ich mir über die Stirn. Was träumte ich jetzt schon wieder für einen Müll? Ein Seufzen verließ meine Lippen, ehe ich leise mit dem Tier sprach. Es schien als würde er mir zuhören. Ganz sicher war ich mir nicht, aber das Knurren ließ langsam nach. Er schien sich zu entspannen. Erleichtert atmete ich aus. Es verging eine Weile, ich weiß nicht, wie lange, in welcher wir einfach so da standen. Ich beobachtete den Wolf. Sah wie er seine Ohren spitzte. Seine Nase in die Luft streckte und etwas zu riechen schien. Dann drehte er sich um und verschwand zwischen einigen Bäumen …
Ich schüttelte den Kopf, drehte mich um und sah nur Dunkelheit. Versteh einer meine Träume. Wie aus dem Nichts schoss ein Flammenstrahl durch die Dunkelheit und ich stolperte erschrocken zurück. Ein leises „Was zur Hölle?“ entwich mir.
„Gut reagiert, Mensch!“ Gut reagiert? Mensch? Ich weiß ja, ich träume ziemlich oft sehr merkwürdige Sachen, aber … meistens weiß ich zumindest, was ich träume, und steh nicht nur in absoluter Dunkelheit mit einer Stimme aus dem Nichts, die zu mir spricht. Ein dunkles Lachen donnerte durch die Finsternis. „Du bist ein lustiges Menschlein … weißt du denn gar nicht, wer ich sein könnte?“
„Absolut keine Ahnung … Bist du sowas wie ein Drache? Ich meine wegen des Feuers und so?” Ich war mir in diesem Moment selbst nicht sicher, wie ich reagieren sollte, und dementsprechend war meine Antwort eher wackelig. Der Drache? jedoch schien es amüsant zu finden den sein tiefes Lachen erklang erneut.
„Heute ist dein Glückstag, Menschlein“
Ein weiterer Feuerstoß glitt durch die Dunkelheit und ob der Helligkeit schloss ich die Augen.
Verwirrt blinzelte ich. Um mich herum liefen tausende von Menschen. Einige kreischten laut und panisch. Andere blickten fasziniert in den Himmel. Was … Wo war ich hier gelandet? Als ich mich umsah, wurde es mir nach und nach klar. Dort drüben war der Stand eines meiner Lieblingsverlage und … dort ging es zur Manga-Comic-Convention. Ganz klar, ich träumte. Mit einem Schmunzeln blickte ich mich weiter um. War ja klar, dass mein Kopf sich so etwas ausdachte, wenn ich unbedingt hin wollte. Langsam setzte ich mich in Bewegung. Sah mich entspannt um und genoss die Stimmung. Das Gefühl, dort zu sein. Es war einmalig. Nebenbei sah ich auch schon die ersten Bücher, welche ich mir holen wollte. Wie sollte ich auch widerstehen? Sie sind so unwiderstehlich. Es dauerte nicht lange und ich hatte die ersten fünf Bücher in einer Tasche über meiner Schulter hängen. Mit dem zusätzlichen Gewicht schlenderte ich weiter. Es fühlte sich einfach alles so real an. Und wüsste ich es nicht besser, würde ich niemals denken, dass es ein Traum ist und … ist das dort drüben nicht …
Nun etwas eiliger, schritt ich auf die Person zu. Diese braunen Haare, diese Frisur und dazu die Klamotten. Das musste sie definitiv sein.
Wie lange war es her, dass ich sie nicht mehr gesehen hatte? Ein Jahr! Wir hatten uns letztes Mal auf der LBM das erste Mal getroffen und es war, als wären wir dazu gemacht, uns zu kennen. Freunde für immer.
„Hey Thea!“, rief ich laut, als sie weiter laufen wollte.
Verwirrt blieb die Braunhaarige stehen und drehte sich um. Ihre Augen weiteten sich und sie grinste. Sie lief mir entgegen und begrüßte mich in ihrer überdrehten Art. Was bedeutete, dass sie mir begeistert in die Arme sprang, wobei sie uns beide damit beinahe auf den Boden beförderte
„Hallo, was machst du denn hier? Ich dachte, du schaffst es dieses Jahr nicht?“
Etwas irritiert blickte ich sie an. „Was meinst du?“
Jetzt blickte Thea verwirrt drein und legte ihren Kopf schief. „Na, du hast doch gesagt, dass du die Messe dieses Mal nicht schaffst?“
„Warum träume ich, dass ich dir nicht Bescheid gesagt habe? Das macht doch keinen Sinn … Hätte ich es gewusst …“ Leise murmelte ich weiter vor mich hin. „Wieso … aber ich würde doch Bescheid geben? Wir hatten uns doch beide so gefreut … dieser Traum wurde echt immer merkwürdiger. Erst ein Wolf, dann ein Drache und jetzt bin ich auf der Buchmesse gelandet und hatte noch nicht mal Thea Bescheid gesagt … das ist echt einer der merkwürdigsten Träume seit langem“
„Warte, warte, STOP! Wie, du träumst?“ Vollkommen entgeistert blickte mich meine braunhaarige Freundin an.
Verwirrt legte jetzt ich den Kopf zur Seite. „Ich bin vorhin daheim eingeschlafen und dementsprechend träume ich jetzt vermutlich von der Messe, weil ich unbedingt hin wollte.“
Ein lautes Lachen erklang. „Das ist verrückt, das weißt du, oder?“
„Aber … ich meine das ernst!“ Obwohl ich mir sicher war, dass es so war, wurde ich unsicher. Irgendwas war an diesem Traum wirklich nicht normal.
„Bist du real?“, wollte Thea wissen und zwickte mich kräftig in meinen Oberarm, “Spürst du das?”
„AUA! Was tust du?“ Ich rieb mir über die schmerzende Stelle. Das würde bestimmt einen blauen Fleck geben.
„Ich wollte nur wissen, ob du aus Fleisch und Blut bist oder so was wie eine Astralprojektion … aber DAS ist kein Traum! Das ist die richtige Buchmesse! Du bist hier!“, erklärte die Braunhaarige und hüpfte um mich herum, als hätte sie gerade Milliarden geschenkt bekommen. Irritiert blinzelte ich … dann blinzelte ich erneut …
„Ich bin hier? Wie? Ich … Hä?“
„Ich weiß es nicht, aber … vielleicht bist du durch deinen Traum hierher gekommen!“
Für Thea schien es eine Tatsache zu sein, dass es so war. Ich hingegen schüttelte den Kopf. „Das macht doch keinen Sinn! Wie soll das gehen?“
„Weiß ich doch nicht! Du bist doch der Fantasy-Experte!“
Eine Weile schwieg ich. Ich hatte gerade echt keine Ahnung, ob ich nun da war oder nicht. Ob ich gerade träumte oder nicht. Ob … ach, was weiß ich …
„Ich bin da?“, fragte ich zögerlich. Vielleicht sollte ich es einfach genießen? Schaden würde es so oder so nicht …
„Ja! Du bist da!“
Thea’s Bestätigung war alles, was ich brauchte. Mit einem riesigen Grinsen umarmte ich sie und wir sprangen gemeinsam auf und ab. „Ich bin da!“
Und so kam ich spontan durch einen Traum-Drachen zu Leipziger Buchmesse 2020. Aber fragt mich bitte nicht, wie das funktioniert hat. Das weiß ich nämlich selbst nicht.
Über die Autorin
Als Kind und Jugendliche verschwand Kuroi Komori gerne in die Welt der Geschichten, welche in Büchern erzählt wurden. Irgendwann begann sie, ihre eigenen Geschichten zu schreiben. Erst ein paar kleine FanFiktions, ehe sie sich an ihr erstes Buch wagte. Hauptsächlich schreibt sie alle möglichen Fantasy-Genre, GayRomance/Boyslove und auch an das Genre Krimi wagt sie sich zur Zeit. Unterstützung bekommt sie von ihrer Familie und einigen weiteren ganz tollen Menschen.