Kolumne | Das Ende
Ende.
Verfrüht stolz tippe ich das Wort in mein Word-Dokument und klicke auf „Speichern“. Zwar steht das Wort noch nicht unter meinem Manuskript, dafür steht nun endlich meine vorläufige Kapitelplanung für meine Dauerbaustelle der Trilogie, an der ich arbeite. Endlich habe ich mich entschieden, wie genau meine Protagonisten von A nach B kommen, wer sie verraten, in wem sie neue Freunde finden und wer das Monster meiner Dystopie überhaupt überleben wird und wer nicht.
Und während ich zum einen im Augenblick erleichtert bin, weil der erste Gesamtplan ausgearbeitet ist, will ich gleichzeitig hektisch an den Fingernägeln kauen.
Warum? Weil ich jetzt im Grunde eine Totenliste aufstellen könnte. Und damit nicht genug: Meine eigene Lieblingsfigur wird sterben und das macht mich wahnsinnig.
Ich habe diese Figur gehegt und gepflegt, liebe sie von ganzem Herzen, weil sie sehr vielschichtig angelegt ist, getrieben und gebrochen und wohl am weitesten von allen vom Perfektsein entfernt, aber mir zugleich deswegen so ans Herz gewachsen ist. Und ich werde sie töten.
Da ist sie wieder: Die mir inzwischen bittersüß vertraute Existenzangst, die mich immer beim Gedanken an das Ende eines Projekts erfasst. Diese Leere, wenn ich mir mal wieder bewusst werde, dass die Welt und die Figuren, über die ich im Moment noch schreibe, früher oder später ihren Abschluss finden und der Spannungsbogen sein Ende haben wird.
Das Problem sind dabei nicht einmal die fehlenden Ideen für neue Projekte, nein, das Problem ist diese irrationale kleine Stimme in meinem Kopf, die laut heulend davon jammert, dass es doch nicht so schnell zu Ende gehen kann. Oder soll. Oder muss. Egal, warum habe ich überhaupt vor, ein Ende zu schreiben? Bin ich eigentlich doof? Ich mag doch mein aktuelles Projekt. Bitte, kein Eeeeeeennnnndddeeeeee!
Aber dann wandert mein Blick wieder auf den Bildschirm und ich muss unwillkürlich grinsen. Das Ende wird bitter und ich werde Schokolade brauchen. Viel Schokolade.
Aber es wird awesome werden.