Träumer, in der Realität verheddert
Voller Erstaunen stellte ich gestern fest, dass nun die Reihe an mir war, mich vorzustellen. Wieder einmal hat mir die Zeit ein Schnippchen geschlagen und den Turbo-Gang eingelegt. Mein Name ist Isabell Dieckmann und da es bereits angeklungen ist, kann ich es genauso gut zugeben: ich schiebe die Dinge auf. So sehr ich das Schreiben liebe, brauche ich doch häufig die letzte Minute, das Gefühl der Bedrängnis und Unmittelbarkeit.
Gerade kommt mir die Arbeit ins Gehege, nachdem ich nun mit meinem Germanistikstudium fertig bin und meine Zeiteinteilung völlig über den Haufen geworfen wurde. Mit dem Schreiben verfolge ich schon über Jahre meine Träume, nur wirft sich mir dabei die Realität allzu gern vor die Füße. Ich lese, drifte mit meinen Gedanken davon, gehe wie eine brave Drohne arbeiten und schreibe dazwischen noch.
Durch das Schreiben hat sich mein Blick auf die Welt geschärft und ich betrachte die Dinge ganz anders: ich nehme in mich auf, wie Granit nach einem Schauer riecht; wie das Licht weiche oder harte Schatten malt und dem Raum Stimmung verleiht; wie verschiedene Schattierungen Grün die Atmosphäre prägen; wie ein Grundschüler, ein Student oder ein Büroangestellter mit ihrem gesamten Körper sprechen; wie eine Großstadt in der Stunde zwischen Nacht und Tag einatmet und die Luft anhält.
Ich betrachte die Dinge als Kunststudent, als Lehrer, als Kind, als Witwe, als Großonkel, Gärtner oder Bibliothekar, denn jedes Paar Augen nimmt die Welt anders wahr und mich in sie hineinzuversetzen eröffnet neue Perspektiven. All das nehme ich mit in mein Schreiben und wachse. Diese Art der Weltwahrnehmung bereichert mich auf ungeahnte Weise, die ich, wie das Schreiben, nicht mehr missen möchte.
Damit sei der Einblick zu meiner Person beendet ,um mir noch ein wenig den Charme des Unbekannten zu bewahren.