Kolumne | Gegrillter Prinz zum Mitnehmen!
„Und als der Prinz die Jungfer küsste, erwachte sie, sah ihn an und schrie einmal laut und durchdringend auf, sodass der gesamte Palast von diesem markerschütternden Kreischen erfüllt wurde. Da stürmten die Wachen herein, überrascht, dass die Königstochter mit einem Mal aus ihrem Schlaf erwacht war, und nahmen den Prinzen nach nur einem kurzen Moment der Irritation wegen sexueller Belästigung fest. ENDE.“
Ich grinse zufrieden mit mir selbst und lasse das Blatt Papier in meinen Händen sinken, während meine Freundin, die mir gegenüber sitzt, mich nur mittelmäßig entgeistert anstarrt. Was das denn für eine Geschichte sei, fragt sie mich dann. Eine realistische, verkünde ich noch immer stolz auf mich selbst und grinse immer mehr. Sie rollt mit den Augen und wirft mir vor, ich hätte einfach keinen Sinn für Romantik. Und das kann ich nicht einmal wirklich abstreiten.
In meinen Geschichten, da wäre Edward gemeinsam mit Jacob ganz zufällig von einer Klippe „gefallen“, Mr. Darcy in einer Zombieapokalypse umgekommen und diverse Prinzen wären – und das ist wörtlich zu verstehen – vom Drachen gegrillt worden. Das Problem: „Einmal gegrillter Prinz zum Mitnehmen, bitte!“ ist – wenn Herr Drache nicht gerade seiner Frau ihr Lieblingsessen vom Drachen-Imbiss mitbringt – vielleicht witzig, aber kein Stück romantisch.
Und ich stehe dazu: Schlachtenszenen, fliegende Gedärme und ganze Ströme von Blut sind kein Problem, ganz im Gegenteil, da habe ich Übung und betreibe (wie ich schon das letzte Mal erwähnt habe) zwar manchmal auf etwas verstörende Weise, aber doch recht routiniert Recherche. Liebesgeschichten dagegen? Meh. Lesen? Gerne. Sehen? Auch gut. Schreiben? Lieber nicht. Oder zumindest so wenig wie möglich.
Aber während meine Freundin sich kopfschüttelnd abwendet und mir erklärt, dass ich ein klein wenig komisch bin, manifestiert sich in meinem Kopf ein neues Szenario. Was wäre, wenn?
Damit hat schon mehr als eine Idee, für die andere wohl einen gewissen Alkoholpegel bräuchten, ihren Anfang gefunden. Was wäre, wenn?
Was wäre, wenn der Prinz tatsächlich gegrillt werden würde? Wenn der heiße Typ, in den sich die Hauptfigur gerade erst verliebt hat, zwei Minuten später in einen Zombie verwandelt? Oder was wäre, wenn der seltsame Stalker namens E., der einer gewissen Isabella S. schon eine Weile folgt, von ihr genau wegen Stalkings angezeigt werden würde?
Ja, was wäre, wenn die zielgruppengerechte 15- bis 17-Jährige Heldin sich – Achtung, hier wird’s knifflig – nicht innerhalb von fünf Minuten in den 16- bis 18-Jährigen Neuling an ihrer Schule verlieben würde? Das könnte doch ein sehr interessantes Gedankenexperiment sein, sozusagen die Bratpfanne, die das Klischee ins Gesicht bekommt, oder?
Wieder rollt meine Freundin mit den Augen und dieses Mal sagt sie gar nichts mehr. Ich seufze tief. Vielleicht sollte ich aber auch einsehen, dass ich wirklich schlecht darin bin, Liebesgeschichten zu erzählen.
Euch fallen noch andere Probleme ein, die typischerweise nur Autoren haben? Tweetet sie mir doch an @hekabeohnename!
2 Gedanken zu „Kolumne | Gegrillter Prinz zum Mitnehmen!“
Hihi, mit solchen Sachen spiele ich in Gedanken auch manchmal rum 😀
Übrigens: Die 15 bis 17-jährige und der 16 bis 18-jährige. Was wäre, wenn sie siebzehn und er sechzehn wäre und SIE diejenige wäre, die ihn in den Wahnsinn treibt? Und ihm total überlegen ist? Würde zwar keiner lesen und ein Haufen Teenies in meinem Alter würden behaupten, dass es unrealistisch ist, weil (jetzt kommt's) Mädchen ja solche Frühentwickler sind und ein Junge sich doch nicht mit einer älteren abgibt, aber der Gedanke macht Spaß 😀
Ich habe allerdings schon einen Sinn für Romantik, ich stelle mir unter Romantik eben etwas anderes vor… Ruinen und schöne Landschaften zum Beispiel…
Hehe, sehr gut! Schreib mal so eine Story, mich hast du als Käuferin schon eindeutig sicher!