Marketing | Das Prequel als Marketing-Experiment
Viele haben Prequels bereits im Kino gesehen oder als Buch in den Händen gehalten. Aber was ist ein Prequel denn überhaupt genau? Das Wort „Prequel“ ist ein englischsprachiger Begriff und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie „Vorläufer“. Jedoch kann man sich darunter auch nicht sehr viel vorstellen. Genauer gesagt ist ein Prequel eine Fortsetzung einer Geschichte. Diese Fortführung spielt jedoch im inneren chronologischen Geschehen vor der Story – also ein zusätzlicher Teil, der der eigentlichen Erzählung vorangestellt wird.
Prequels kann man in verschiedenen Medien finden, wie in der Literatur, in Film und Fernsehen, aber auch in der Oper und in Computerspielen.
Einige Beispiele aus der Literatur:
- „Das Silmarillion“ (1977) als Prequel von „Der Hobbit“ (1937) und „Der Herr der Ringe“ (1954) von J. R. R. Tolkien
- „Westeros: Die Welt von Eis und Feuer“ (2014) von George R. R. Martin wurde ganze 18 Jahre nach dem ersten Band „A Games of Thrones“ (1996) erstveröffentlicht.
- Die verfilmte Geschichte „Der Pate“ von Mario Puzo aus dem Jahr 1969 wurde von Edward Falco aufgrund eines nach dem Tod Puzos hinterlassenen Drehbuchs zu dem Roman „Die Corleones“ (2012) verarbeitet.
Da drängt sich unter Umständen die Frage auf, ob man diese Art der „Fortsetzung“ vielleicht als geschicktes Marketing-Instrument nutzen kann.
Es gibt wiederum verschiedene Möglichkeiten ein Prequel zu verfassen. Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, ein Prequel in Form einer Kurzgeschichte zu veröffentlichen, wenn das Schreiben des nächsten Teils meines Romans doch mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als geplant. Selbstverständlich kann ein Prequel auch aus einem kompletten Roman oder aber auch einer ganzen Reihe bestehen.
Eine Kurzgeschichte ist, im Gegensatz zu einem Roman, jedoch recht zügig geschrieben und korrigiert. Man kann sie schnell, unter Umständen auch kostenlos, über Social Media oder Online-Shops verbreiten. Leser des bereits erschienenen Bandes können so noch mehr mit den Protagonisten mitfiebern und außerdem mehr über deren Vergangenheit erfahren. Für Autoren hat das den netten Nebeneffekt, dass ihre Leser vorerst etwas Neues erfahren, ohne den nächsten Teil zu sehr zu vermissen, trotzdem aber Lust auf mehr bekommen. (Von der finanziellen Seite gesehen, könnte das Prequel auch eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen.)
Auch neue Leser, die die Reihe noch nicht kennen, haben die Möglichkeit in die Geschichte einzusteigen, ohne etwas zu verpassen.
Alles in allem finde ich, dass Prequels viele Vorteile haben können. Für Leser kann es als „Zeitüberbrückung“ bis zum nächsten Band genutzt werden. Autoren können so Informationen z.B. über die Vergangenheit verschiedener Charaktere, unabhängig von dem eigentlichen Roman, erzählen, ohne diesen „vollzustopfen“. Wenn das Prequel eine Bereicherung für den Leser darstellt, kann ich es nur empfehlen.
Bildquellen: „Der kleine Hobbit“ von J. R. R. Tolkin, Deutscher Taschenbuch Verlag | „Die Auserwählten – Kill Order“ von James Dashner, Carlsen | „Der Clan der Otori, Band 0: Die Weite des Himmels“ von Lian Hearn, Carlsen | „Lügner küssen besser“ von Birgit Kluger, Self-Publishing über neobooks | „Flammenwüste – Das Geheimnis der goldenen Stadt“ von Akram El-Bahay, Bastei Lübbe
2 Gedanken zu „Marketing | Das Prequel als Marketing-Experiment“
Eigentlich ist der Hobbit gar keine richtiges Prequel. Das Buch wurde lange vor Herr der Ringe veröffentlicht. Die beiden Bücher lagen aber zeitlich so weit auseinander, dass sich Mittelerde in Tolkiens Gedanken sehr weit entwickelt hatte, sodass er sogar eine neue Fassung des Hobbits schrieb, umd die Geschehnisse in den Büchern wieder aufeinander abzustimmen (manche Szenen im ersten Hobbit Buch wichen dem, was später in Herr der Ringe vorkommt ab). Das heißt, es ist zwar in gewisser Weise schon als Prequel neu aufgelegt worden, kam aber ursprünglich zuerst.
Das Silmarillion ist dann auch wieder so eine Sache. Es ist so gesehen, viel später veröffentlicht worden, aber eigentlich über viele Jahre hinweg entstanden und war eigentlich nur eine Notizsammlung von J.R.R. Tolkien, aus der sein Sohn später ein Buch machte, das aber fast eher Geschichtsbuch ist. Am Ende vom Silmarillion gibt es ja sogar eine Stelle, an der im Grunde genommen, die gesamte Handlung vom Hobbit bis zu Herr der Ringe und danach (Aragorns Tod! Sam Gamdschies Tochter!) erzählt wird…
Liebe Leserin,
wow, du kennst dich sehr gut mit Tolkien und seinen Geschichten aus!
Während meiner Recherchen bin ich nicht so tief in diese Materie gegangen, aber ich finde es toll, dass wir Leser haben, die immer noch ein bisschen weitergehendes Wissen haben und dies mit uns teilen! Dank dir dafür! 🙂
Liebe Grüße,
Sarah
Redakteurin beim Schreibnacht-Magazin