#Schreibnachtadventskalender – Ein Schneemann sucht den Frühling.

#Schreibnachtadventskalender – Ein Schneemann sucht den Frühling.

Schon 13 Tage liegen hinter uns. 13 Tage mit tollen Geschichten. So, wie auch die Erzählung von Laura.

Die Schreibnacht meine ich das erste Mal durch die Suche nach einem Schreibforum entdeckt zu haben. Ich gab es dann allerdings schnell auf, da ich damals noch sehr unsicher war. Jetz bin ich etwas mutiger und traue mich meine Texte zu zeigen auch wenn ich immer noch große Angst vor Fehlern habe. Wieso ich mich ausgerechnet hier anmeldete und nicht auf einer der anderen Seiten, weiß ich nicht mal mehr genau. Vielleicht war es die Aufmachung, vielleicht auch die Tatsache, dass die Seite noch relativ jung ist? Wobei hätte ich von den Badges gewusst, hätte ich mich vermutlich früher angemeldet, einfach um mehr zu bekommen.

liebe Grüße
Laura

Ein Schneemann sucht den Frühling

Fridolin war ein fröhlicher Schneemann, die Kinder aus dem Ort hatten ihn gebaut. Hatten ihm eine schöne Kartoffelnase, Augen und Mund aus Kohle, einen Wintermantel, einen knallbunten Schal und eine rote Bommelmütze angezogen. Er war bestimmt der schönste Schneemann weit und breit. Hier stand er nun auf dieser Wiese zusammen mit den anderen Schneemännern. Sah die Standvögel am Himmel vorbeiziehen, hörte den Wind in den Weiden und das Lachen der Kinder, die auf dem zugefrorenen See Schlittschuh fuhren, den Hang hinunter sausten oder sich von ihren Eltern herumziehen ließen. Glücklich lächelte er, wie schön die Welt war, so weit und weiß. Tagsüber war sie erfüllt von fröhlichem Kinderlachen, des Nachts lag sie so still und friedlich als schliefe sie in einem großen Bett und der Schnee wäre eine dicke, weiche Daunendecke.

Langsam begann es zu dämmern und nach und nach verklangen alle Geräusche. Wie schön dieser Tag wieder war, dachte Fridolin. Eben wollte er die ersten Schritte tun, da hörte er etwas entfernt zwei Schulbuben. Die sich eine ausgelassene Schneeballschlacht lieferten. Etwas später rollten sie lachend über den Schnee und balgten sich. Bis der eine sagte: »Wir müssen nach Hause, los komm, besser wir beeilen uns.« »Ich mag den Winter.«, meinte der andere und hielt dabei das Gesicht in die fallenden Schneeflocken. »Ich auch aber der Frühling und der Sommer sind mir noch lieber. Da kitzelt einen das Gras so schön an den Füßen«

»Ja der Frühling und der Sommer sind toll. Endlich wird es warm, man kann im See schwimmen und so viel mehr machen.«, sagte der eine und nickte. »Meine kleine Schwester liebt die bunten Schmetterlinge«, meinte der andere etwas nachdenklich. »Du hast doch gar keine kleine Schwester.« »Scht es muss ja niemand erfahren, dass ich Schmetterlinge mag,« er legte den Zeigefinger auf die Lippen, »wie ist es eigentlich, schläfst du heute bei mir?« Fridolin hatte das Gespräch der beiden Jungen aufmerksam verfolgt, es hatte ihn nachdenklich gestimmt.Frühling, Sommer? Was bedeuteten diese Worte? Was ist Wärme? Wie sah ein Schmetterling aus, konnte man wirklich im See schwimmen gehen? In diesem Klotz aus Eis?

Die ganze Nacht grübelte er über das Gespräch der beidem Buben nach. Waren diese Dinge wirklich möglich? Oder waren diese Worte lediglich Metaphern für andere Dinge? Eine Art Geheimsprache vielleicht? Er musste es wissen, deswegen schlich er sich lautlos an die Stelle, an der die Jungen gestern vom See gegangen waren. Vielleicht würden sie auch heute wieder kommen? Und tatsächlich, kurz nach dem die Turmuhr zwölf geschlagen hatte, kamen sie.Über welche wunderlichen Sachen würden sie heute sprechen? Runde Dreiecke, Bäume mit Handschuhen an den Ästen oder etwas noch fantastischeres?

Nun zu nächst fuhren die Buben ein paar Rennen mit ihren Schlitten. Dann bauten sie zwei Schneefestungen. Heute würde Fridolin wohl keine Geschichten mehr zu hören bekommen. Schon wollte er wieder zu den anderen Schneemännern gehen, da hörte er, wie sich die beiden Knaben unterhielten. Diese Jungen waren merkwürdig. Jetzt redeten sie darüber, sich in einem Baum ein Haus zubauen und dieses grün anzustreichen, damit es besser getarnt wäre. So einen Unsinn hatte Fridolin seit gestern nicht mehr gehört. Ein Haus in einem Baum, dass konnte er, vielleicht noch verstehen, aber es zur Tarnung grün anstreichen? So würde es nur noch mehr auffallen. Wenn sie es wenigstens blau oder weiß an malen würden… aber grün! Die Hütte würde auffallen wie ein bunter Hund. Allerdings hatte Fridolin die Ernsthaftigkeit, mit der die beiden über diese seltsamen Dinge geredet hatten, neugierig gemacht. War es möglich, dass die Buben sich dies alles doch nicht bloß einbildeten? Konnte an dem ganzen tatsächlich etwas wahres dran sein? In sich versunken schlich er zurück, zu den anderen Schneemännern. Als wäre nie etwas gewesen stand er am nächsten Tag an seinem Platz. Am Abend, als die letzten Kinder nach Hause gegangen waren, regte er sich wieder.

Voller Wissensdrang schlurfte er zu dem ältesten der Schneemänner. »Herr Takayuki?« »Was ist mein Kind?« »Ich hörte neulich zwei Schuljungen über seltsame Dinge sprechen, also schlich ich ihnen nach.« Herr Takayuki blickte ihn streng an: »Du weißt, dass es verboten ist sich den Menschen zu nähern?« »Ja Herr Takayuki, ich weiß a…« »So und warum hast du es dann getan?« »Ich, ich war einfach so neugierig. Die Dinge, über die sie sprachen, klangen so fantastisch.« Begeistert begann er zu erzählen. »Es gibt etwas, das nennt sich Frühler oder so, dann soll man in dem Eisklotz da,« er wies auf den See, »schwimmen können. Ähm was ist schwimmen? Und und, dann gibt es da so Dingse die, die fliegen durch die Luft. Die heißen Schmetterdingse, glaube ich, sind ganz bunt. Was bedeutet bunt?« So ging es einige Zeit lang weiter, begeistert erzählte er, was er gehört hatte und gestikulierte dabei so wild in der Luft herum, dass er einmal beinahe einen seiner Arme verloren hätte. »Gemach gemach, nicht so stürmisch Wildfang. Mach dir keine Gedanken, so etwas wie diese Dinge gibt es nicht, die Welt war immer weiß und wird immer weiß sein. Noch nie sah ein Schneemann etwas anderes. Vergiss, über was die beiden Burschen redeten. Sie haben einfach eine blühende Fantasie.« Aber wenn die Lichter erloschen, die Menschen sich in ihre Häuser begaben und es auf den Straßen still wurde, dann erinnerte sich Fridolin wieder und eine tiefe Melancholie ergriff ihn.

Ein paar Wochen später hielt Fridolin es nicht mehr aus. Zu lange hatte er gewartet, zu lange sinnlos herumgestanden.

Schließlich beschloss Fridolin, sich schlafen zu legen. Bloß wo sollte er hin? Hier draußen konnte er nicht bleiben, zu oft musste er sich in acht nehmen, weil ihm mal wieder ein Hund ans Bein pinkeln wollte. Vielleicht würde er sich irgendwo im Haus verstecken. Nur wie sollte er… Da sah er, dass die Kellertüre offen stand. Leise, so leise wie Schnee der fällt schlich er sich sie Kellertreppenstufen hinunter, blickte sich kurz um, konnte jedoch niemanden entdecken. Schloss die Kellertüre und ging auf dem Kellerboden weiter. Bis er unvermittelt vor einer sehr seltsamen Kiste zu stehen kam. Als Fridolin sich über sie beugte, spürte er einen eisigen Luftzug. Und was für seltsame Sachen in der Kiste lagen. Rosa, braune Päckchen, seltsame grüne Gebilde und noch manch anderes. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Aber die Kälte war so angenehm, dass Fridolin beschloss, sich in die Kiste zu legen. Unbeholfen kletterte er hinein, vergrub sich unter den seltsamen Dingen, schloss die Augen und wollte gerade schlafen. Da stieß er an die Wand der Kiste, der Deckel klappte, mit einem Rums, zu. Er war gefangen, trotzdem hatte Fridolin keine Angst, hier war es gemütlich und irgendwann würde ihn schon jemand befreien. Er drehte sich noch ein paar mal um, dann schlief er ein. Als er wieder erwachte, schien die Sonne rot durch das Kellerfenster, endlich jemand hatte die Kiste geöffnet. Fridolin kletterte hinaus und schlich die Kellertreppe hoch. Oben angekommen, sah er, wie die Sonne am Horizont unterging. Jetzt würden bald die anderen Schneemänner erwachen, wie es ihnen wohl ging? Was hatten sie gemacht, während er weg gewesen war? Fridolin vermisste sie. Sollte er wieder zu ihnen gehen? Ja, das würde er tun, bestimmt vermissten sie ihn auch. So machte er sich auf den Weg, doch was war das? Irgendetwas kitzelte ihn an den Füßen. War das Gras? Wegen der Dunkelheit sah er alles nur schemenhaft. Doch darum machte sich Fridolin keine Gedanken, schließlich würde die Sonne in ein paar Stunden wieder aufgehen. Er machte sich auf den Weg, etwas später erreichte er den Hügel bei den Bäumen und dem See. Fridolin sah sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. Ob sich seine Freunde vor ihm versteckten? Eventuell hielten sie auch eine Versammlung ab. Die würden sich wundern, wenn sie ihn hier entdeckten. Bei diesem Gedanken freute er sich diebisch, rieb sich die Hände, stellte sich, als wäre nichts gewesen, an seinen Platz und wartete ab. Einige Zeit verging, da hörte er über seinem Kopf ein seltsames Pfeifen, das von überall und nirgends zu kommen schien.

Er schaute in den Himmel und sah die Vögel hin und herfliegen, doch es waren so viele, viel mehr als er es gewohnt war. Nach und nach merkte er auch wie es, während sie Sonne aufging, immer wärmer wurde. Kaum war sie ein wenig höher gestiegen, konnte er ihn endlich sehen den Frühling. Zu seinen Füßen wuchs grünes Gras, auf dem See schwamm eine Entenfamilie, kleine, farbige Vögel flogen hin und her, waren das die Schmetterlinge? Fridolin war überwältigt, zum ersten Mal sah er, dass die Welt nicht nur weiß war. Es gab so viele verschiedene Farben. Rot, Grün, Gelb, Braun, Blau, Violett, überall strahlte es bunt. Seine Freunde waren immer noch nicht aufgetaucht, wo blieben sie nur? Wartend sah sich Fridolin um, da bemerkte er, dass der Boden ganz nass war. Ob seine Freunde weggegangen waren, weil der Boden nass geworden war? Nur eigentlich machte ein wenig Nässe den Schneemännern nichts aus, also wo waren sie? Ach, die würden schon wieder auftauchen, sicher hatten sie sich bloß versteckt um ihn zu überraschen oder? Weit konnten die nicht sein. Doch weshalb kamen sie nicht?

Fridolin war besorgt, normalerweise sollten alle Schneemänner tagsüber auf ihren Plätzen stehen. Dass sie nicht da waren, war mehr als merkwürdig. Langsam wurde er wirklich nervös, denn dort kamen bereits die ersten Menschen. Es waren die beiden Knaben, doch was für seltsame Kleidung sie trugen. An ihren Jacken fehlten die Ärmel, die Hosen waren zu kurz und ihre Schuhe hatten sie in den Händen. Ach ja die Hände, selbst diese hatten sich verändert. Statt den üblichen bunten Farben waren sie seltsam eintönig, auch wenn sie sich bei den beiden Jungen unterschieden. Gespannt beobachtete Fridolin wie die beiden sich am See einrichteten, ein paar Runden schwammen und sich dann am Ufer niederließen. Sie unterhielten sich eine Zeit lang, da zeigte der andere auf Fridolin. »Schau, ein Schneemann, ein echter Schneemann.« Der andere drehte sich um: »Tatsächlich, wie kommt der hier her? Der stand da gestern noch nicht.«

»Es ist viel zu warm, er sollte längst geschmolzen sein,« sagte der andere. Geschmolzen? Was bedeutete dieses Wort? Warum sollte er geschmolzen sein? Fridolin verstand es nicht. Verwirrt stand er da, sah den beiden zu, bis sie schließlich aufstanden. Kurz bevor sie gingen, drehten sie sich noch einmal um. „Der Schneemann ist viel kleiner als vorher« bemerkte der eine und sah Fridolin gedankenverloren an. »Der Winter ist vorbei« meinte der andere schulterzuckend. Dann gingen sie nach Hause. Fridolin sah ihnen nach. Er war kleiner geworden? Wie konnte das sein? Schneemänner können nicht kleiner werden, sie wachsen nicht mal. Wie also sollte er kleiner geworden sein? Was wenn die Knaben recht gehabt hatten, war er wirklich kleiner geworden? Fridolin blickte an sich hinab und da sah er es. Um ihn hatte sich eine Pfütze gebildet, wie sie zu sehen waren, wenn es regnete, aber es regnetet nicht. Woher also kam diese Pfütze? Als er so da stand und nachdachte, bemerkte er, wie an seinem Körper kleine Wassertropfen herunter rannen.

Verwirrt schaute er sich um. Erst jetzt im Licht der hellen Sonne, sah er, dass in den Pfützen um ihn herum Karotten und Kohlen schwammen. Dieselben Karotten und Kohlen, die seinen Freunden dereinst als Knöpfe, Nase, Mund und Augen gedient hatten. Nun verstand Fridolin was geschmolzen sein bedeutete. Er würde seine Freunde nie wieder sehen. Nicht Herrn Takayuki nicht die kleine Gisela noch nicht einmal seinen besten Freund Crid. Sie waren weg, einfach weg nie wieder würde er mit ihnen zusammen sein können.

Schlagartig wurde es ihm bewusst, auch er würde verschwinden, würde sich in Wasser verwandeln und nie wieder zurückkommen. Entsetzt blickte er auf die Schönheit der warmen Zeit. Wusste er nun doch, was diese Wärme für ihn und all die anderen Schneemänner bedeutete. Nie wieder würden sie etwas zusammen machen. Nie wieder würde er mit Crid die Menschen mit Schneebällen bewerfen, um es dann auf einen anderen Menschen zu schieben. Nie wieder würde er mit der kleinen Gisela fang die Schneeflock‘ Spielen.

Selbst jetzt weinte er nicht. Zu groß waren die Schmerzen, zu groß das Grauen. Würde er nicht aus Schnee bestehen, so wäre sein Herz zu Eis gefroren. Still und starr stand er an seinem Platz und nahm alles nur noch, wie durch Watte war. Zwar bekam Fridolin alles mit, doch es löste nichts mehr in ihm aus. Obwohl er spürte wie die Sonne seinen kalten Körper erwärmte, wie er mehr und mehr verging und wie er nach und nach immer kleiner wurde. Obwohl Fridolin sah wie die Pfütze, die ihn umgab, immer größer wurde, blieb er dort an seinem Platz stehen. Starrte unentwegt geradeaus, seine Kohlenaugen brannten. Während sich die Sonne allmählich dem Horizont zu neigte. Längst waren seine Beine geschmolzen, Tropfen für Tropfen löste er sich immer mehr auf. Verlor, Knopf um Knopf. Schon fielen seine Arme in das feuchte Gras. Sein Mund glich inzwischen mehr einer von Grauen entstellten Fratze als dem Lächeln, das ihm die Kinder damals gegeben hatten. Fridolin wusste, dieser Abend würde sein letzter sein und während der letzte Rest seines Körpers verging, glitzerte eine einzelne Träne in der Feuersglut des Sonnenuntergangs

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