Im
ersten Teil habe ich den Grundstein für mein Projekt gelegt. Die Handlung wurde skizziert. Der Spannungsbogen ist gespannt und die Figuren haben Namen, Gesichter und Charakter. Dann kann es ja losgehen. Ich öffne Papyrus und gehe auf den Ordner Haupttext, der – oh Jammer – leer ist.
Ich verbanne erst mal alle Störfaktoren. Rechtschreibprüfung, Stilanalyse oder sonstige Kringel und Striche, die haben in der Rohfassung nichts zu suchen. Ich will, schreiben nicht überarbeiten und das so schnell wie möglich. Dafür setze ich mir eine Zielvorgabe, die mir sagt wie viele Wörter ich bis zu meinen Tagesziel brauche. Alle Optionen finde ich in der unteren Leiste.
Und schon kann es losgehen: ein neues Kapitel und wir nennen es klassisch „Prolog“. Ein kurzer Blick in meinem Plot: »Prolog: Waldarbeiter sterben im Wald« Nun plane ich den Aufbau der Szene.
Ich lege fest was wann und wie vorkommt und in welcher Reihenfolge.
Dafür nutze ich das praktische Klemmbrett auf der rechten Seite. Hier kann man sich bunte Notizzettel hinhängen. Ich habe mir einen eigenen Farbcode ausgedacht, wodurch jede Szene erst mal lehrbuchreif aufgebaut wird – auch wenn sie dadurch komisch wirkt. Habe ich einen Zettel abgearbeitet, wird er weggeschmissen. Auf diese Weise schreibe ich mich von Szene zu Szene, bis das Kapitel als Rohform steht. Das Ergebnis: Ein grottenschlechter Text voller Fehler, der aber zumindest gut gestaltet ist.
Steinigt mich nicht so sieht es bei mir eben aus, wenn ich schnell schreibe. Nach einer Szene oder spätestens am Kapitelende lese ich mir alles noch einmal durch und beginne zu markieren. Das Wichtigste ist immer die Logik. Der Rest ist nebensächlich und wird nur nebenbei notiert. Dafür hat Papyrus eine Menge Werkzeuge und ich zeige euch mal, wie ich sie verwende.
Wir hatten ja schon die bunten Notizzettel vom Klemmbrett gehabt. Dort bleiben sie statisch egal, an welchem Kapitel man gerade schreibt. Zieht man sie andererseits ins Dokument bleiben sie genau an dem Ort, wo sie abgelegt worden. Ich benutze sie gerne als Aufschubsmittel. Nach dem Motto: Hier muss eine witzige Bemerkung hin. OK mir ist eine eingefallen. Ich schreibe sie auf und werfe den Zettel weg.
- Geistertexte: Das sind die blau schimmernden Textstellen, die man markiert und mit dem Geist-Symbol oben aktiviert. Sie tauchen nie im fertigen Werk auf. Nichtmal, wenn man sie ausdruckt. Für mich sind sie, wie das, was man früher in Klammern gesetzt hat. Eine widersprüchliche Handlung. Etwas, das der Leser hier noch nicht weiß, aber ich als Autor brauche. Zum Beispiel: der beste Freund gibt seinem Kumpel eine Rose. »Damit gewinnst du das Herz deiner Angebeteten« [Geistertext: Der Kumpel weiß, dass sie auf Rosen allergisch ist. Er selber ist in sie verliebt und will seinen Freund sabotieren.]
- Kommentare: selbsterklärend. Immer, wenn mich etwas stört, wird ein Kommentar gesetzt. Wenn die Kampfszene zu langweilig ist, wird es notiert. Ist der Dialog schlecht, wird es notiert.
- Marker: Ich nutze ihn, um kommentierte Textabschnitte zu begrenzen. Manchmal sind ja nur zwei, drei Sätze schlecht.
- Ereignisse: Eigentlich dafür gedacht wichtige Punkte im Plot zu markieren. Ich selber benutze sie, wenn ich was am Plot verändere. So kann ich später nachvollziehen bis, wohin ich nachschauen muss bis meine neue Idee Auswirkungen hat. Zum Beispiel, wenn mir ab Kapitel 5 in den Sinn kommt, dass mein Held doch besser keine magischen Kräfte besitzt. Hier muss ich dann bis zu der Markierung alle Zaubertricks des Helden wegschreiben.
So schreibe ich das ganze Buch durch. Ich lese noch ein paar Mal drüber und mache mir Notizen und ändere Ungereimtheiten. Das Ganze sieht in meinem Beispiel dann so aus.
Bevor ihr jetzt schreit, das ist zu unübersichtlich, bedenkt Folgendes. Der Arme Artikelschreiber wollte nicht zu jedem Tool ein eigenes Bild schießen. Also übertreibt es nicht mit dem Markieren und schreibt bis ihr das Wort ENDE, unter eurem Dokument gesetzt habt. So und das war es auch schon mit dem zweiten Teil der Reihe. Läuft doch gut. Aus einem einzelnen Satz/Plotpunkt habe ich zwei schlecht geschriebene Seiten erschaffen. Im dritten Teil werde ich euch zeigen, wie ich aus diesem Text etwas Lesbares mache: Der Überarbeitung.
Gastautor: Benjamin
Mein Name ist Benjamin Kloß (30 Jahre) und ich lebe im schönen Thüringen.Ich war schon immer ein kleiner Tagträumer. Während meiner Schulzeit habe ich gerne an Geschichten gebastelt – zum Leidwesen meiner Lehrer. Später habe ich es mit ernsteren Projekten versucht. Viele negative Kritiken hätten mich fast zur Aufgabe gezwungen. Schon bald begriff ich, dass Schreiben mehr ist, als nur gute Ideen aneinander zu reihen. Es ist ein Handwerk, was gelernt, geübt und verbessert werden muss. Jedes Projekt hat mich vorangebracht. Mit meinem aktuellen Fantasymehrteiler »Lords von Loreedan« will ich jetzt den großen Sprung wagen und das Wort »Hobby« vor dem Autor wegbekommen. Ich hoffe, es klappt.