1. Internationale Autorenmesse | Seltsame Vorträge und tolle Menschen
Am vergangenen Samstag fand die erste internationale Autorenmesse in Frankfurt statt. Als ich das erste Mal auf das Event stieß, wusste ich: Da will ich hin!
Schließlich versprach ich mir viel von der Messe: eine kleinere Location und damit mehr Interaktionsmöglichkeiten, hilfreiche Workshops und tolle Vorträge von Profis der Buchbranche. Allerdings schreckte mich der Preis (44€) ab – ich brauchte Zeit zum Überlegen. Mein Glück, wie sich später zeigen sollte. Je näher das Event rückte, desto mehr Rabatt-Aktionen und sogar Gratis-Tickets wurden vom Veranstalter „rausgeschmissen“. Ich muss schon sagen, dass mich diese offensichtliche Fehlkalkulation zum Schmunzeln brachte; meine Vorfreude wurde davon allerdings nicht gebremst. Im Gegenteil: Durch die inzwischen günstigen oder gar kostenlose Eintrittskarten meldeten sich immer mehr Schreibnachtler für das Event an.
Dann war der Tag gekommen.
Am Samstag stieg ich in mein Auto, gab die Adresse vom Parkhaus ein, die ich wenige Tage zuvor vom Veranstalter per (Werbe-)Mail erhalten hatte und fuhr los. Ich hatte keine Probleme damit, den Veranstaltungsort zu finden. Wer allerdings nur mit der Uniadresse „gearbeitet“ hatte, hatte es schwieriger. Eine gute Beschilderung fehlte leider. So kam es, dass einige Schreibnachtler bereits das erste Event verpassten. Diese Anfangsfrustration war mir erspart geblieben. Auch der 10Uhr-Workshop der Textehexe, Susanne Pavlovic, „Aller Anfang ist spannend – Wie Sie Ihre Leser von der ersten Zeile an fesseln“, erfüllte – nein, übertraf – meine Erwartungen.
Ich lernte viel Neues:
- in den Anfang gehören Geheimnisse und die Vorstellung der Hauptfigur.
- Rückblenden, Aufwach-Szenen und Infoboxen langweilen den Leser. Die Gesellschaft ist schnelllebig und dadurch fehlt es den Lesern häufig an Geduld.
- nimm keinen Anlauf, sondern bring es auf den Punkt.
- der erste Satz muss nicht zuerst geschrieben werden… schreib einfach den zweiten und überlege dir später (spontan), was sich als guter Einstieg eignen würde.
- etc.
Die Zeit ging furchtbar schnell rum und ich war traurig, nicht noch mehr über das Thema hören zu können. Aber die anderen Referenten würden ihre Themen bestimmt genauso gut herüberbringen – tja, das dachte ich jedenfalls. Bald darauf fühlte ich mich verärgert, enttäuscht und vollkommen irritiert, Grund war der Vortrag „Der Bestseller Code – Mit gutem Storytelling nachhaltig begeistern“, von Dr. Veit Etzold. Die ersten zwanzig Minuten seines Vortrages verbrachte Herr Etzold doch tatsächlich damit, nur von sich selbst zu erzählen: Ich habe nicht in schwarz geheiratet…meine Frau habe ich bei Recherchen kennengelernt…ich bin mit dem und dem befreundet und so weiter.
Nachdem er diese Selbstvorstellung mit dem Satz unterbrach, dass er auch gleich noch 30 Seiten seines aktuellen Werkes vorlesen würde und somit auf den Punkt brachte, dass es sich um eine Werbeveranstaltung handelt und das Thema „Storytelling“ nur gewählt worden war, um viele Menschen in den Vortragssaal zu locken, verließen die ersten den Saal. Natürlich war der Autor ziemlich verwirrt. Auf seine Frage, ob man denn nichts über sein Buch hören wolle, antwortete eine Frau tatsächlich: „Ich wollte etwas über Storytelling erfahren.“ Herr Etzold kam ins Rudern, inzwischen verbreiteten sich auch die ersten enttäuschten Tweets im Netz.
Wir Schreibnachtler blieben, da er jetzt zum eigentlichen Thema kommen wollte. Was folgte war eine Fotoreihe von seinem Bücherregal, Arbeitsplatz etc. und Co. Ein Selfie vorm Verlagsgebäude brachte das Fass zum Überlaufen: Ich stand auf, so auch viele andere. Verpasst haben wir wohl nichts, denn eine Viertelstunde vor dem eigentlichen Vortragsende stürzten die Zuhörer aus dem Saal. Tja, so vermarktet man sein Buch und sich selbst wohl besser nicht. Wenigstens diese Erkenntnis konnte ich mitnehmen.
Das anschließende Schreibnacht-Treffen lockerte die Stimmung merklich auf. Inzwischen lachten wir über diese missglückte Selbstdarstellung des Autors und ich hörte, dass ein anderer Vortrag auch nicht so gut gewesen sein sollte. Wir fragten uns inzwischen, wie die Vortragenden ausgesucht worden waren und ob man die Themen und besonders deren Inhalte mit dem Veranstalter abgesprochen hatte. Langsam schlenderten wir zum nächsten Workshop: „Wer hat Angst vorm weißen Blatt? Kreative Methoden, um die Manuskriptphase sinnvoll zu gestalten“. Das von Frau Borgmann ausgewählte Wort „Sprudelperlen“ sorgte wieder für zahlreiche Tweets. Irgendwie wollte sie damit zu Ausdruck bringen, dass ein Buch wie ein Cocktail ist. Ich bekomme jedoch nicht mehr ihre Worte zusammen. Was ich mir allerdings behielt, war folgendes:
Der erste Satz wird überbewertet. Der letzte Satz ist viel wichtiger.
Das Seminar war okay. Besonders die praktischen Übungen haben mir gefallen. Danach folgte noch ein mittelmäßiger Vortrag über Branchentrends und ein guter Workshop von neobooks über das Thema Marketing und ein fürchterlicher Workshop im Bereich „Manuskriptfertigstellung“, der damit endete, dass man dieses doch gar nicht fertigstellen soll. Verlage brauchen Mitspracherecht, das erste Kapitel reicht:
Manch einer kann mein Fazit bestimmt bereits zwischen den Zeilen herauslesen: Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Ich glaube, wenn ich den vollen Preis bezahlt hätte, wäre mein Ärger größer ausgefallen. Trotz dieser enttäuschenden Veranstaltung, bewerte ich den Tag als erfolgreich.
Ich habe viele tolle Schreibnacht-Menschen (wieder)getroffen, eine hervorragende Pizza bei „Das Leben ist schön“ gegessen, wo wir uns zur After-Party verabredet hatten. Ich bin immer wieder von der Tatsache beeindruckt, wie leicht man mit eigentlich fremden Personen ins Gespräch kommt und Vertrauen aufbaut. Es ist, als wären wir eine große Familie und das ist schön.
Das entschädigt für jegliche seltsamen Vorträge etc.
Wie sieht es bei euch aus?
Habt ihr auch die Autorenmesse besucht?Wie denkt ihr darüber?
Gerne könnt ihr auch einen Link zu eurem Blogpost da lassen. Ich bin gespannt, wie eure Erfahrungen waren 🙂
Bis demnächst.
Eure Patricia
7 Gedanken zu „1. Internationale Autorenmesse | Seltsame Vorträge und tolle Menschen“
Dann schmeiß ich auch mal hier meinen Blogpost rein 😀
Mein Fazit ist ähnlich, meine Ansprüche an die Messe waren jedoch geringer. Mein Ziel war es, tolle Menschen zu treffen und das habe ich getan <3
Tinka 🙂
http://tinkabeere.blogspot.de/2016/06/messebericht-1-internationale.html
Huhu Tinka,
sich gar nicht erst in ein Thema hereinzusteigern, ist wirklich eine gute Taktik. Vielleicht kannst du mir das mal bei bringen?
Dann fällt man nicht so tief 😉
Halli hallo,
danke für deinen tollen Beitrag. Da haben wir wohl ähnliche Erfahrungen gemacht. Nur leider habe ich den legendären Etzold-Vortrag verpasst 😉
Meinen Blogpost kennst du ja schon:
http://sabi-writing-whatever.com/2016/06/05/mein-tag-auf-der-1-internationalen-autorenmesse-in-frankfurt/
Lg,
Sabi
Hallo Sabi,
wie ich lese, hattest du aber ein glücklicheres Händchen in deiner Vortragsauswahl. Auch, wenn du dadurch "Fall Etzold" verpasst hast 😉
Wirklich sehr schade…
Bei mir sieht es ähnlich aus 😉
http://aurum-ununoctium.blogspot.be/2016/06/auf-der-autorenmesse-oder-das-langste.html
Ganz ehrlich finde ich den ersten Satz einer Geschichte (ob Kurzgeschichte, Novelle oder Roman) sehr wichtig. Oft lese ich in Bücher rein und entscheide, ob ich es kaufe, wenn der erste Satz mich schon fesselt 😉 Anbei mein kurzer Bericht über die Messe:
http://federspuren.blogspot.de/2016/06/1-internationale-autorenmesse-oder.html
Ja, da gebe ich dir Recht. Wenn der erste Satz nicht passt, schaue ich mir eigentlich noch die nächsten zwei an und entscheide dann, ob ich das Buch kaufe. Übrigens, mit dem letzten Satz einer Geschichte bin ich oft unzufrieden. Aber ich hasse auch Enden. Danke für den Link zu deinem Beitrag und den Kommentar 😉