Warum ich lieber ein Discovery Writer bin …

Warum ich lieber ein Discovery Writer bin …

„Du kannst keine Geschichte schreiben, ohne zu plotten!“, hieß es mal in einer meiner Autorengruppen bei Facebook. Daraufhin folgte eine Diskussion, warum ich das sehr wohl kann und warum dies für mich viel, viel interessanter ist, als den gesamten Plot aufzuschreiben, bevor ich loslege. Der Herr Kollege ließ sich nicht umstimmen. Das ist nun ein paar Jahre her und ich veröffentliche immer noch Geschichten, ohne einen Plot für sie geschrieben zu haben. Alles, was ich brauche sind ein paar Notizen und eine knappe Inhaltsangabe für mich selber. Wie ein Entdecker im Dschungel schlage ich mich mit der Machete durch Büsche und Schlingpflanzen und sehe erst am Ende meiner Reise, worauf ich eigentlich die ganze Zeit zugesteuert habe (Das war wohl das Poetischste, was ich je geschrieben habe. Traurig, aber wahr.)
Ich bin ein Fan der Narrenfreiheit und liebe es, mich so richtig austoben zu können. Das heißt, dass ich mir nicht gerne sagen lasse, was ich darf und was nicht. Nicht mal von meinem eigenen Plot. Ich habe das Gefühl, nicht wirklich durchatmen zu können und festgetrampelte Pfade gehen zu müssen, wo ich doch während dem Schreiben der Geschichte immer wieder neue, bessere Ideen entwickle. Warum also überhaupt erst einen Plot schreiben, wenn ich doch zusehen kann, wohin mich die Geschichte führt? Sie entwickelt ohnehin ein Eigenleben, Figuren machen was sie wollen und so weiter. 
Plots halten mich nur auf. Wenn ich mit einer Geschichte beginne, weiß ich, worum es geht und wer die Charaktere sind. Ich fange an zu schreiben und lasse mich treiben. Dadurch komme ich schneller vorwärts, es ist auch für mich spannender und ich muss nicht ständig daran denken, dass es doch mal ganz anders geplant war. 
Wenn ich schreibe, bin ich Autor, Leser und Beobachter. Ich lasse meinen Figuren vollkommen freie Hand und stehe nur neben ihnen, anstatt sie zu lenken. Ich helfe nicht, sondern sehe zu, wie sie sich selber aus einer misslichen Lage befreien. Das ist so viel spannender, als bereits alles vorauszuplanen. Hin und wieder hilft es mir, das Ende vor Augen zu haben. Nur als Anhaltspunkt, wo ich hin möchte. Aber das bedeutet nicht, dass die Geschichte dort enden muss. Auf dem Weg schlägt sie so viele Haken und Bögen, dass ich ganz woanders herauskomme. Figuren, die unterwegs sterben sollten, leben immer noch und andere sind verloren gegangen. 
Würde ich nach einem Plot schreiben, müsste ich alle paar Minuten umdenken. So komme ich schneller vorwärts und es ist nebenbei noch spannender für mich.

4 Gedanken zu „Warum ich lieber ein Discovery Writer bin …

  1. Mir ging es einfach nie gut mit Discovery. Früher habe ich das gemacht, aber es hat nicht funktioniert, weil die Geschichte in der Mitte und am Ende schon bei grundsätzlichen Dingen grobe Unterschiede zu dem hatte, was am Anfang stand. Für mich ist das praktische auch, dass ich, wenn ich irgendwo nicht weiterkomme, an einer ganz anderen Stelle weiterschreiben kann, ohne komplett den Faden zu verlieren. Außerdem würde ich so auch nie zu einem Ende kommen, weil ich eigentlich immer noch irgendetwas weiß, was danach kommt und was die Figuren danach noch alles machen, wie sie älter werden, etc. Wenn ich mich also mit mir selbst einige, wo es zu Ende ist, fühle ich mich eigentlich sehr viel sicherer, in dem was ich schreibe, einfach weil ich ein Ziel habe und weiß, in welche Richtung ich schreibe.

    1. Liebe Windsprite,

      ich bin mit Discovery Writing auch öfters böse über meine eigenen Geschichten gestolpert. Besonders als ich mit dem Schreiben begonnen habe und mich überhaupt nicht mit Dramatik, Handlungsstrukturen, Spannungsverlauf und Ähnlichem befasst habe, habe ich einfach drauf los geschrieben ohne mir viele Gedanken zu machen. Ich hatte diese Idee im Kopf, von der ich begeistert war und sie musste raus aufs Papier. Dann war nach meist ein paar Kapiteln Schluss. Ich hatte den Faden verloren und ins "Leere" geschrieben. Das hat mich frustriert und dann spuken einem Gedanken wie "Aus dir wird nie eine Schriftstellerin" durch den Kopf.

      Ab da habe ich angefangen, im Internet zu stöbern, wie andere denn ihre Geschichten schreiben. Das war das erste Mal, dass ich solche Begriffe wie Plot, Sieben-Punkte-Struktur, Heldenreise etc. hörte. Die neue Erkenntnis: Andere Autoren "plotten" also. Einmal ausprobiert und seitdem mit ich überzeugter Outliner. Ich habe meinen roten Faden, an dem ich mich entlang hangeln kann. So wie du sagst, ich habe ein Ziel auf das ich hin schreiben kann. Und damit fühle ich mich viel wohler, als einfach nur drauf los zu schreiben.

      Also: Willkommen im TEAM OUTLINER! 🙂

      Liebe Grüße,
      Cleo

  2. Ich könnte mit Outlinen überhaupt nichts anfangen, ich weiß nie, wo ich lande, wenn ich anfange, zu schreiben.
    Manchmal ist mir das Ende klar, aber oft genug wird das "Ende" dann nur ein Kapitel im Mittelteil und es geht weiter, obwohl ich das gar nicht wollte. Oder mir wird klar, dass das Ende überhaupt nicht mehr passt, weil ich es für die Charaktere geplant habe, ehe sie sich total verändert und weiterentwickelt haben.
    Der Anfang passt dann eh nimmer 😉 Im Endeffekt schreibe ich das Manuscript fertig oder so gut wie fertig, dann ändere ich den Anfang, so dass der passt und dann schaue ich, ob das Ende noch reinpasst.
    Outlining würde mir auch meinen eigenen Prozess verderben. Denn ich wachse, während meine Protagonisten wachsen, ebenfalls. Das finde ich unglaublich spannend.
    Schöne Grüße an alle – Planer und Entdecker gleichermaßen,
    Azrael

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