Genre-Guide – Horror | Der Spaß daran, böse zu sein
Hat dir der Nachbar den bösen Blick zugeworfen? Dann wirf ihn im Gegenzug den Piranhas zum Fraß vor! Also … In deiner Geschichte, versteht sich. Denn Personen, die dir im realen Leben dumm kommen, kannst du in deiner Geschichte zu Wurst verarbeiten. Natürlich nicht nur als Horrorautor. Wer von euch hat nicht schon mal einer ungeliebten Person in seinen Werken gezeigt, wo der Hammer hängt?
Ich gebe zu: Ich hab es getan und werde es wieder tun. Aber ich werde nie verraten, wer bisher eine kleine Rolle in meinen Stories spielen durfte. Die meisten habe ich früher oder später ohnehin vergessen, aber geht mir einer so richtig auf den Wecker, macht es umso mehr Spaß, ihn sich später in der Geschichte vorzustellen und zu ahnen, was ihm blüht.
Uns Autoren steht nicht auf die Stirn geschrieben, dass oder was wir schreiben. Horrorautoren sehen ebenfalls völlig harmlos aus und rennen zum Beispiel nicht gebückt und grunzend durch die Gegend. Meine dunkle Seite lebe ich nur auf der Tastatur aus, was besonders Leute schockiert, die mich schon einige Jahre kennen und keine Ahnung hatten, dass ich Horrorgeschichten schreibe. Andere finden es toll. Ich sehe es inzwischen als Geheimidentität. Tagsüber alten Müttern über die Straße helfen, nachts alte Mütter auf die Straße werfen.
Es macht Spaß, sich in seiner Geschichte mal so richtig auszutoben und all die Wut herauszulassen und es den Nervensägen des Alltags mal richtig heimzuzahlen. Dadurch ändert sich zwar im Real Life nichts, aber ich sehe das Schreiben oft als Therapie. Entweder haue ich in die Tasten oder gegen die Wand. Und wenn ich schon dabei bin die Tastatur zu verkloppen, kann ich auch gleich noch eine Geschichte um meine Rachegelüste herum schreiben.
Wie gesagt, das trifft nicht nur auf Horrorautoren zu, sondern auf alle. Wir nutzen das Schreiben, um Dampf abzulassen. Danach fühlen wir uns besser, haben Druck abgebaut und sind für ein paar Stunden Herr über unsere eigene Welt gewesen. Dabei können wir Charaktere quälen und uns mit einem diabolischen Grinsen vorstellen, dass es der Busfahrer ist, der zu scharf in die Kurve ging.
Mir macht es Spaß, ein paar Stunden am Tag böse zu sein. Normalerweise bin ich hilfsbereit, aber ich brauche schließlich meinen Ausgleich.