Was macht ein König, wenn er nicht auf seinem Thron sitzt?
Ah, Könige…
Diese Typen mit den Kronen, den unbequemen Thronen und den schönen Frauen… Oft genug sind sie die ehemaligen Helden und Drachentöter vorangegangener Geschichten, haben tolle Abenteuer erlebt, und sich bei der Gelegenheit als ihres Titels würdig erwiesen oder zumindest Papi stolz gemacht bzw. wahlweise umgebracht, um einen Machtwechsel zu erzwingen.
Ja, König sein, das wäre doch was. Denn was macht man da schon? Auf dem Thron sitzen, toll aussehen, feiern und bei Gelegenheit eine hübsche Prinzessin heiraten. Klingt ganz easy, oder?
Nein, jetzt einmal im Ernst: Spätestens ab dem Punkt, an dem ein König (oder eine Königin als ernstzunehmende Politikerin) eine für eine Geschichte wichtige Rolle spielt, reicht das natürlich nicht mehr.
Stellen wir uns also doch mal vor, wir haben einen alten König, der es vermutlich nicht mehr lange machen wird, aber leider auch keine Erben hat. Die Stelle „König von XY“ ist also früher oder später neu zu besetzen und wir suchen den perfekten Kandidaten, der nicht nur unseren Ansprüchen genügen, sondern auch natürlich wissen muss, was ihn erwartet. Was werden seine Aufgaben sein?
1. Recht und Ordnung
Ein König, das ist nicht nur ein Herrscher, sondern Richter, Henker und Gesetzgeber in einer Person. Er erarbeitet – im besten Fall gemeinsam mit seinen Beratern – Gesetzesentwürfe, winkt sie dann selbst durch und ist die letzte juristische Instanz, wenn diese Gesetze nicht eingehalten werden. Je nach Auffassung der Bevölkerung und Kultur des Landes ist er sogar selbst derjenige, der einem Verurteilten dann im Zweifelsfall den Kopf abschlägt, womit er alle drei Bereiche des Rechts vereint. Und selbst wenn er nicht selbst das Beil schwingt: So gibt er doch den Befehl dafür genauso wie er wunderbar klischeehaft auch einen Verurteilten in letzter Minute begnadigen kann.
2. Wirtschaft und Infrastruktur
Nicht immer hat das Volk einen Nachteil durch die Herrschaft eines Königs. Schließlich kümmert er sich auch um ihre Belange. Er bezahlt den Ausbau der Infrastruktur – oder tritt wenigstens dem einen oder anderen Adeligen in den Hintern, damit der das Geld dafür rausrückt – kümmert sich um die Nahrungsversorgung, hilft im Falle von Krisen wie einer Hungersnot oder im Krieg denen, die es am nötigsten haben (oder sollte das zumindest tun) und richtet Feiertage und Feste zur Belustigung der Bevölkerung aus.
Natürlich kostet das alles, also muss er auch Steuern erheben und damit – das wissen wir spätestens seit Robin Hood und Prince John – macht er sich leider eher weniger beliebt…
3. Außenpolitik
Der spannende Teil dieser Stellenausschreibung: Den Dingen, mit denen ein König einmal eine große, krackelige Handschrift in den Geschichtsbüchern hinterlassen kann. Krieg, Frieden und allem, was dazu gehört.
Natürlich bedeutet das nicht nur, wild in alle benachbarten Gebiete einzumarschieren oder so einen Feldzug vorzubereiten, nein dazu gehören auch diplomatische Verhandlungen mit andern Königreichen, von Zeit zu Zeit sogar die Hochzeit mit der hässlichen Tochter irgendeines nervigen Nachbarn, aber hey, das bietet für die Story zumindest einen Ausgangspunkt für eine dramatische Affäre mit der Tochter seines Schatzmeisters. Ach ja, und der Frieden ist erst mal gesichert.
Apropos Frieden: Handel ist auch einer der Punkte, die außenpolitisch mindestens genauso wichtig sind wie alle Friedensverhandlungen. Ohne Handel, den ein König z.B. durch Zölle besteuern kann, gibt es kein Geld und ohne Geld gibt es kein Heer und ohne Heer keinen Krieg. Genauso wenig wie eine Stadtwache oder etwas ähnliches, um im Königreich für Recht und Ordnung zu sorgen. Und Handel wiederum funktioniert nur, wenn andere Königreiche den Händlern unseres Königs Zugang gewähren, Brücken und Gebirgspässe in stand halten und nicht zu hohe Zölle erheben. Alles Dinge, die bedacht werden müssen.
Zu anstrengend? Keine Sorge, da wissen wir Abhilfe. Wozu gibt es denn Berater, die einen – oder alle – Bereiche des Jobs übernehmen können. Könnte zwar sein, dass die Staatskasse ein wenig darunter leidet, wenn die Hälfte von denen korrupt sein sollte, aber wenigstens hat seine Majestät seine Ruhe. Dann ist Zeit für die schönen Dinge des Lebens: Wie wär’s mit einer hübschen Jagd oder einem großen Festmahl? Ein pompöser Ball zur Suche einer passenden Schwiegertochter, das wäre doch auch mal was, oder wenigstens eine schöne Geliebte? Ist zwar alles teuer, aber egal. Um die Finanzen kümmert sich ja jemand anderes.
Kurz: Nur weil ein König ein König ist, heißt das noch lange nicht, dass er immer gleich sein muss. Wenn er sich um die Belange seines Reiches kümmert, kann ihn das interessant machen. Selbst wenn er das sehr schlecht macht und sich dabei nur selbst bereichert, gibt das einer Figur Tiefe.
Tiefe, die man durchaus auskosten sollte, denn auch wenn ein König wie Aragorn aus „Herr der Ringe“, von dem gesagt wird, dass er ein gerechter und guter Herrscher wurde, vielleicht schön wirkt: Jemand wie Joffrey Baratheon aus „Das Lied von Eis und Feuer“, der zwar gehasst wird, von dem man aber weiß, wie er eigentlich herrscht – nämlich ungerecht und seine Pflichten vernachlässigend bis ignorierend – kann da viel mehr wirken.
Dabei ist es eigentlich egal, ob es sich um einen „guten“ oder „bösen“ König handelt, er muss etwas zu tun haben. Und eigentlich gibt es da mehr als genug Auswahl.
Nur den Hintern platt sitzen, das ist auf die Dauer etwas langweilig.