Das Geheimnis wirklich spannender Szenen: Spät rein, früh raus

Das Geheimnis wirklich spannender Szenen: Spät rein, früh raus

„Fenster
und Türen verschlossen. Ich habe Vorräte gesammelt und das Telefon
ausgestöpselt. Niemand wird mich heute Nacht stören. Ich bin ganz alleine und
kann meinen Plänen nachgehen. So habe ich es gewollt.“

Vielleicht
ist es euch schon mal aufgefallen. Viele Bücher und Filme beginnen mitten in
einer Szene und diese endet meistens in einem Konflikt. Das erste Opfer fällt
dem Täter in die Hände. Der Held bekommt einen wichtigen Anruf, der ihn ins
Geschehen holt. Hierbei geizen wir noch mit Informationen, um schnell vorwärts
zu kommen, denn das Tempo nimmt den Leser sofort gefangen. Er will wissen, wie
es weiter geht.
Entkommt
das Opfer später noch oder wird seine Leiche gefunden? Was
hat es mit dem Anruf auf sich, der den Helden so entsetzt?

Der
Leser blättert weiter, gefangen von eurer Geschichte, die bereits auf der
ersten Seite zu leben begonnen hat. Die
wirklich wichtigen Details können wir ihm nach und nach servieren. Doch zu
Beginn schmälert es einfach den Lesefluss. Der Held hat eine
Laktose-Intoleranz. Waaaahnsinn, kann aber auch in einem Nebensatz fallen
gelassen werden. Auch ist es nicht wichtig, was für Gewohnheiten er hat, denn
die werden wir ihn nach und nach zeigen lassen. Erst einmal taucht er in der
Geschichte auf und agiert, wie er eben soll. Durch seine Art mit anderen
Menschen umzugehen oder zu reden, hat der Leser auch gleich schon einen
Eindruck von ihm.
„Ich
fahre den Computer hoch, öffne eines meiner vielen Dokumente und lese mir
durch, was ich zuletzt geschrieben habe. Im Hintergrund läuft Musik.
Wahrscheinlich waren meine Mitstreiter schon fleißig. Über das Internet halte
ich sie auf dem Laufenden. Das WLAN ist mein einziger Kontakt zur Außenwelt.
Ich brauche die anderen, um am Ball zu bleiben. Sie helfen mir, meinen Plan zu
verwirklichen.“
Wir
können mehr der Phantasie des Lesers überlassen, als wir oft glauben. Es muss
nicht jeder Duft und jede Farbe beschrieben werden. Das ist nicht wichtig. Eine
spannende Szene lebt davon, dass wir spät einsteigen. Wir arbeiten uns bis zu
dem entscheidenden Konflikt vor und lösen ihn, um die Szene dann schnell wieder
zu verlassen und unserem Leser eine Verschnaufpause zu gönnen. Wir lassen ihn
an der spannendsten Stelle zappeln und heben uns den Höhepunkt für später auf.
So oder so, wir haben den Leser schon mal an der Angel, denn er ist entweder
von dem spannenden Einstieg überzeugt oder er will einfach wissen, wie sich das
alles entwickelt.
Der
Konflikt ist gelöst, aber wie wirkt er sich auf den Rest der Geschichte aus? Der
Konflikt ist nicht gelöst, aber wann und wie entwirrt er sich?
Nehmt
ein Buch in die Hand, das ihr mögt. Persönlich kenne ich kaum eines mit einem
langsamen Einstieg. Im
Kino fangen Thriller, Krimis und Actionfilme oft nachts mit bedrohlicher Musik
an. Oder es wird mit Explosionen und all so einem Zeugs um sich geworfen. Wie
dem auch sei, der Leser/Zuschauer ist direkt Teil des Geschehens. Die
Geschichte ist bereits in vollem Gange und langweilt ihn nicht. Genau
das erwartet er von einer spannenden Szene.

Wenn
du für dich selbst beim ersten Versuch zu viele Informationen benutzt, ist das
völlig okay und normal. Du verwendest sie zuerst einmal nur für dich, lernst
deine Figuren und ihre Umgebung kennen. Das kannst du später immer noch ändern
und die Details verteilen und Unwichtiges weg lassen. Versetz dich in den Leser
deiner Geschichte und überleg, was wichtig für ihn ist. Würde die geschriebene
Szene dich langweilen oder dazu bringen, weiter zu lesen? Du bist Leser und
Autor zugleich. Nutze das und sieh deine Geschichte mit den Augen einer anderen
Person, um zu entscheiden, ob eine Szene wirklich spannend wirkt. Testleser
helfen dir dabei, dies richtig einzuschätzen.
„Es
ist schon spät, aber ich bin zufrieden und habe mein Ziel erreicht. Nach und
nach verabschieden sich die anderen, erschöpft von ihren begangenen Taten. Auch
ich sehne mich nach ein paar Stunden Schlaf und verabschiede mich. Es war
wieder einmal eine erfolgreiche Schreibnacht.“

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