Den Roman in einem Satz zusammenfassen I Wie das funktioniert und warum man sich das antun sollte

Den Roman in einem Satz zusammenfassen I Wie das funktioniert und warum man sich das antun sollte

Stellt euch vor, ihr tragt ein „Roman sucht Verlag“-T-Shirt und sitzt damit in der U-Bahn. Plötzlich steigt der Verleger vom Verlag eurer Träume ein und setzt sich neben euch. Die Bahn fährt an, er entdeckt die Aufschrift eures T-Shirts und fragt euch nach eurem aktuellen Buchprojekt. Ihr habt nur einen Satz Zeit, um ihm zu sagen, um was es in eurem Roman geht, bevor er an der nächsten Station wieder aussteigt. Verzweifelt ihr oder könnt ihr ihn mit einem Satz von eurem Roman überzeugen?

Wie soll das funktionieren?

Als ich das erste Mal vom sogenannten „Pitching“ gelesen habe, war ich erstmal verwirrt. Wie soll ich die Handlung eines ganzen Romans in einen Satz – einen sogenannten Pitch – quetschen? Doch je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto klarer wurde mir, dass eben nicht die ganze Handlung in diesen Satz muss. Dass ich die Handlung auf das Wesentliche reduzieren muss.


Wie finde ich das Wesentliche? (Tipp 1)

Der Blogger Marcus Johanus hat auf seinem Blog eine Methode vorgestellt, die ich hilfreich finde. Er schlägt vor, sieben Fragen über die Geschichte zu beantworten und daraus den Pitch zu bilden:

1) Name der Hauptfigur
2) Beschreibung der Hauptfigur
3) Setting
4) Ziel der Hauptfigur
5) Name des Schurken
6) Beschreibung des Schurken
7) Ziel des Schurken

Aus diesen Infos kann man erstmal ein Exposé von fünf bis zehn Sätzen zusammenschreiben. Das kürzt man dann weiter (zum Beispiel, indem man das Ende rausstreicht und sich auf das Hauptelement der Geschichte konzentriert, von dem man denkt, dass es den Leser am meisten interessiert), bis man einen Pitch daraus formulieren kann.

Marcus Johanus verwendet Star Wars als Beispiel. Der Pitch lautet bei ihm:
Skywalker ist ein Bauerjunge in einer exotischen Galaxis, der das diktatorische Imperium bekämpfen möchte und dazu gegen Darth Vader antreten muss, der den letzten Widerstand, die Rebellen, vernichten will, indem er die ultimative Waffe nutzt, den Todesstern.

Wenn ihr die Zwischenschritte sehen wollt, durch die Marcus Johanus zu dem Pitch gekommen ist, dann schaut doch mal in seinen Artikel rein. 🙂

Wie finde ich das Wesentliche? (Tipp 2)

Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass es mir hilft, mich zu fragen, was der Grundkonflikt der ganzen Geschichte ist, auf den die ganzen Geschehnisse hinarbeiten und der sich am Ende des Buchs löst (oder auch nicht, falls es ein Mehrteiler mit offenem Ende ist). Dieser Grundkonflikt hängt bei mir oft mit einer Entscheidung zusammen, die die Hauptperson treffen muss und die ausschlaggebend für die Geschichte ist.

Ich stelle mir also folgende Fragen:
1) Name der Hauptperson
2) Motivation der Hauptperson in der Geschichte
3) Grundkonflikt der Geschichte/Entscheidung der Hauptperson
4) Name des Gegenspielers der Hauptperson
5) Motivation des Gegenspielers
Hier ein Beispiel für euch:
Name der Hauptperson:
Laura Martin.
Motivation der Hauptfigur in der Geschichte:
Ihr Zuhause und ihre Familie verlassen, um eine begabte Magierin zu werden – sie liebt ihre Familie über alles, aber sie hat ihrem getöteten besten Freund geschworen, Magierin zu werden, um ihn rächen zu können, deswegen will sie ihr Zuhause verlassen.
Grundkonflikt der Geschichte/Entscheidung der Hauptperson: 
Die Magiergemeinschaft, bei der Laura lernt, will ihrer Familie die Erinnerungen rauben, damit ihre Familienmitglieder sich nicht mehr an Laura und die Tatsache, dass es Magier gibt, erinnern – falls Laura dem nicht zustimmt, wird sie von der Ausbildung ausgeschlossen. Wofür soll sich Laura entscheiden? Ihre Ausbildung und damit die Rache für ihren besten Freund oder ihre geliebte Familie?
Name des Gegenspielers der Hauptperson:
Damian Rodriguez, Chef der Magiergemeinschaft.
Motivation des Gegenspielers:
Die Magiergemeinschaft vor dem Entdecktwerden schützen, indem er den Familien der Auszubildenden die Erinnerungen raubt.

Der Pitch zu dieser Geschichte wäre bei mir:
Laura Martin verlässt ihre geliebte Familie, um Magierin zu werden und so ihren toten besten Freund rächen zu können – doch dann will Damian Rodriguez, der Chef der Magiergemeinschaft, die Erinnerungen ihrer Familie an sie löschen, um die Magiergemeinschaft zu schützen und Laura muss sich entscheiden, was ihr wichtiger ist: Ihre Familie oder die Rache im Auftrag ihres besten Freundes?

Der Pitch ist noch lange nicht perfekt, man kann da bestimmt noch was machen, aber er soll euch einfach zeigen, wie ein Pitch bei mir aussehen könnte 🙂

Was bringt das Ganze?

Pitching hilft euch, die Grundidee eures Romans für euch selbst herauszustellen. Wenn ihr Probleme habt, einen Pitch zu finden, dann passt vielleicht etwas bei der Idee, den Figuren und ihren Motivationen noch nicht ganz.
Außerdem könnt ihr mit einem Pitch herausfinden, ob andere Leute die Grundidee gut finden, indem ihr ihn anderen erzählt – einem Pitch werden Leute eher zuhören als einem ausschweifenden, verwirrenden Geschwafel über eure Geschichte. (Hab ich selbst erlebt, dass ich einfach alles erzählt habe, was mir einfiel und der andere verwirrt war.)
Ich formuliere immer einen Pitch, bevor ich mit dem Schreiben anfange, ich benutze ihn sogar als Ausgangspunkt, um meinen Plot zu planen. Der Pitch ist das erste, was ich aufschreibe, nachdem mir die Grundidee in den Kopf kommt.

Viel Spaß beim Pitchen! 
Falls ihr noch Fragen habt oder eigene Ideen und Erfahrungen beisteuern wollt, dann ab damit in die Kommentare 🙂

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