Die Schreibkrise von Alexander Bálly

Die Schreibkrise von Alexander Bálly

Schreiben macht Spaß und ist nicht nur für mich einer der schönsten Beschäftigungen, die man sich wünschen kann. So schön es ist, zu schreiben, manchmal ist es mühsam. Es kann ja nicht immer alles eitel Sommenschein sein. So war es bei mir vor etwa einem Jahr.

Da hatte ich mich gefreut, dass weder Adventsstress, noch Weihnachtsfest oder Jahreswechsel mich ernsthaft aus meinem Schreibrhythmus schmeißen konnten, wollte mir gerade selbst den Orden „Held der Arbeit“ verleihen, ist es passiert. Ich habe eine Schreibkrise.
Über meinem Schreibtisch hängt ein Cartoon von Calvin und Hobbes zur Schreibblockade als Mahnung. Der freche Lausbub weist auf einen großen Zementblock auf dem Schreibtisch und erklärt stolz, er habe den Writingblock – die Schreibblockade – erfunden. Einfach auf den Schreibtisch legen und schon kann man nicht mehr schreiben!

Der Autor ist oft selbst schuld an der Blockade

Diese kleine Blödelei birgt für mich die Wahrheit, dass fast jede Schreibkrise vom Autor selbst verschuldet ist und von ihm nur schreibend behoben werden kann. Sie mahnt mich, auch in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben und weiterzuschreiben.
Und letztes Jahr im Januar habe ich diese Mahnung dringend gebraucht.
Ich war seit Wochen in schönstem Schreibrhythmus und das Manuskript wuchs stetig. Dann aber erwischte mich die Krise. Sie kam auf leisen Sohlen. Es fing mit einem Morgen an, an dem mich ein Termin zu barbarisch frühem Aufstehen zwang. Damit nicht genug, verging der Tag zum größten Teil in dämlicher Warterei. Dieser Sonnenzyklus war verloren … und der folgende war es auch.
Ich leistete mir den Luxus des Ausschlafens und war dann komplett aus dem Rhythmus. Immerhin zu ein paar Korrekturen reichte es.
Es ist verlockend, wenn man aus dem Trott gerät, eine Pause zu machen und ein paar Tage später einen neuen Anlauf zu nehmen. Doch eine Pause ist eine Pause und darum nur wenig produktiv.
Ich widerstand der Verlockung. Ich wollte weiterschreiben. Nicht nur, weil ich einen Termin einhalten wollte. Bis der drängend werden würde, hatte ich noch Zeit genug. Es war eher eine Frage des Prinzips und der Neugier auf die eigene Geschichte. Wie würde sie weitergehen? Ich wollte unbedingt weiterschreiben. Eine Pause kam nicht in Frage.

Wie ich in die Falle tappte und mir der entscheidende Punkt zur Szene fehlte

Also rannte ich in die Falle der Schreibkrise – mit Karacho und Hurra! Denn zu allem Unglück entpuppte sich gerade die Stelle, die nun anstand, als schwierig. Was ich schrieb, gefiel mir nicht und was mir womöglich gefallen hätte, konnte ich nicht zu Papier bringen.
Eine Woche lang ging ich immer wieder an den Schreibtisch und arbeitet das Kapitel um. Stets war ich der Meinung, es wäre nun – zumindest ein wenig besser. Anderntags erwies sich die Verbesserung stets nur als eine Veränderung, doch besser war gar nichts. So machte ich mich erneut ans Korrigieren. Oder ich wich aus. Ich ertappte mich, dass ich lieber alte Stellen korrigierte, oder Nichtigkeiten recherchierte, die unwesentlich waren oder – noch schlimmer – solche, die ich schon wusste.
Es war nicht so, dass ich eine echte Schreibblockade gehabt hätte. Es war nicht der Horror vacui, die Angst vor der weißen Wüste des leeren Bildschirms. Mir fehlte nur der Schlüssel zu dieser einen Szene und sie zu etwas Schönem und Lesenswertem machte. Wenn ich in jenen Tagen zurückblickte, sah ich aber nur ein unausgewogenes Durcheinander. Ich wusste zwar genau, was ich dem Leser mitteilen wollte, doch der Weg dahin war so holperig wie ein schlechtgepflegter Karrenweg. Das Beste, was ich zustande brachte, war ein dröger Monolog ohne Spannung oder Pep.

Auf Facebook fand ich die Lösung

Ein eindeutiges Zeichen für meine Krise war, dass ich mich länger als sonst auf Facebook und in Schreiberforen herumtrieb. Mir war zwar klar, dass es mir nicht helfen würde, dennoch war es angenehmer, sich dort auszutauschen, als zum gefühlten siebenundachtzigsten Mal das verflixte Kapitel 12 umzustricken.
Ausgerechnet auf Facebook, dem alten Zeitfresser, fand ich dann unverhofft den Hinweis … den Schlüssel. Eine liebe Bekannte schrieb einer anderen Schreiberin einen Tipp: Sie schrieb:
„… jede Szene muss ja auch für sich stehen können und braucht einen eigenen Spannungsverlauf.“
Das war keine riesige und bewundernswerte Weisheit, doch es war eine Wahrheit, die ich mir in dieser Klarheit bisher noch nicht vor Augen geführt hatte. Bislang hatte ich sie nur aus dem Gefühl heraus beherzigt. Aber genau diese Formulierung, diese Klarheit war der Anstoß, den ich gebraucht hatte.

Wie ich den verzwickten Dialog doch noch gut schreiben konnte

Nun erkannte ich es: Das Kapitel konnte nicht allein stehen, es hatte nur einen Zweck, aber keine ordentliche Form und ein Ziel schon gar nicht – von Spannung ganz zu schweigen. Als Überschrift hätte nur dastehen können „W. grübelt“. Aber einem schlechtgelaunten Alten beim Grübeln zuzuhören, wer wollte das schon. Der Ausweg aus dem Dilemma war ganz einfach. Der Alte Herr bekam einen Gesprächspartner. Und das war die Lösung:
Die Information, die der Leser erfahren sollte, wurde auf zwei Partner verteilt und sie entwickelte sich spannend und harmonisch in einem Dialog. Die Szene bekam ein völlig neues Gesicht, bekam plötzlich Spannung und Ziel.
Nun war ich mit der Szene im Reinen und bin es heute noch. Natürlich musste hier und da noch gebügelt werden. Doch das Gerüst stimmte. Weil ich grade so schön im Fluss war, schrieb ich gleich die ersten zwei Seiten des Folgekapitels.
Die Krise war überwunden.

Alexander Bálly

Alexander Bálly schreibt vor allem Regionalkrimis, Fantasykrimis und Geschichten. 
Seine Homepage findet ihr unter http://alexander-bally.de/index.html, seinen Blog unter http://perspektivwechsel.alexander-bally.de/#home.

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