Off-Topic: Warum haben wir auf der Erde überhaupt Jahreszeiten?

Off-Topic: Warum haben wir auf der Erde überhaupt Jahreszeiten?

Nach einem durchaus normalen – wenngleich gefühlt besonders kalten – Winter freut sich nun ein jeder auf den Frühling. Der astronomische Frühlingsanfang ist stets am 21.3. – aber warum eigentlich genau an diesem Tag? Und warum beobachten wir eigentlich Jahreszeiten?


Bevor ich darauf eingehe, will ich erst einmal mit einem Missverständnis aufräumen: Zwar bewegt sich die Erde auf einer elliptischen – also ovalen – Bahn um die Sonne; die Jahreszeiten entstehen aber nicht aufgrund der deshalb unterschiedlichen Entfernung zur Sonne. Zu Beginn des Winters auf der Nordhalbkugel befindet sich die Erde sogar um etwa 5 Mio. km näher an der Sonne, als bei Sommerbeginn. Bei einer Gesamtentfernung Erde-Sonne von etwa 150 Mio. km bedeutet dies aber nur gut 3% Unterschied.

Ausschlaggebend für die Jahreszeiten ist stattdessen primär, dass die Erdachse (also die Achse, um die sich die Erde um sich selbst dreht) in ihrer Bahnebene, in der sie sich um die Sonne bewegt, um 23,5° zur Vertikalen gekippt ist. Diese 23,5° sorgen übrigens dafür, dass unser Planet überhaupt bewohnbar ist. Wäre die Erdachse stärker oder geringer gekippt, wären die Temperaturunterschiede zu groß. Es ist schon ein seltsamer Zufall, dass die Auslenkung exakt diese 23,5° beträgt, die die Erde bewohnbar machen: Nur 10° mehr oder weniger, und es würde uns nicht geben.

Entstehung
der Jahreszeiten (Quelle: Horst Frank,
Wikipedia, CC BY-SA 3.0)


In Bild ist der Verlauf der Erdbahn über einem Jahr skizziert. Wie man erkennt, wird am 21. Juni ein gewisser Bereich um den Nordpol herum permanent von der Sonne beschienen. Selbst bei 66,5° nördlicher Breite, beispielsweise der Nordküste Islands, geht dann die Sonne den ganzen Tag nicht unter; es ist Mitternachtssonne. Warum ist das so? Weil durch die 23,5° Auslenkung der Erdachse die Nordhälfte der Erde dann zur Sonne hin zeigt. Wenn die Erdachse nun zur Sonne hin gekippt ist, wird die nördliche Hälfte mehr bzw. länger beschienen, die südliche Erdhalbkugel entsprechend weniger und kürzer.

Eine gedachte Linie Sonnenmittelpunkt – Erdmittelpunkt geht bei 23,5° nördlicher Breite durch die Erdoberfläche. Man nennt dies den nördlichen Wendekreis. Es ist der nördlichste Punkt, bei dem die Sonne im Jahresverlauf senkrecht im Himmel steht: Auf der nördlichen Halbkugel ist Sommeranfang, auf der südlichen Halbkugel beginnt der Winter. Im weiteren Verlauf auf ihrer Bahn nimmt die Bescheinung der Nordhalbkugel ab und die der Südhalbkugel zu. Mit anderen Worten: Während Juli und August, den heißesten Monaten des Jahres, werden die Tage nördlich des Äquators bereits wieder kürzer! Auf der Südhalbkugel sind die Verhältnisse entgegengesetzt: Dort nimmt die Bescheinungsdauer zu, und die Tage werden länger.

Am 23.9. bekommen beide Erdhälften gleich viel Bescheinung. Geht man auf der Erdbahn weiter bis zum 21.12., so erkennt man gegensätzliche Verhältnisse wie am 21.6.: Nun bescheint die Sonne auch die Polarregion im Süden, während die Region um den Nordpol gar kein Sonnenlicht bekommt. Die sonnenlose Zone ist an diesem Tag maximal, sie reicht vom Nordpol bis auf 66,5° nördliche Breite, dem nördlichen Polarkreis. Und drei Monate später haben wir am 21.3. Frühlingsanfang: Nun haben Nord- und Südhalbkugel wieder gleich viel Sonne.

Die mit den Jahreszeiten verbundene Erwärmung der Erdoberfläche hat ihre Ursache im Einfallswinkel der Sonnenstrahlen und in der Sonnenscheindauer. Je flacher die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche auftreffen, umso mehr verteilen sie sich über die Fläche – und desto weniger erwärmen sie die Erde dort. Gewissermaßen muss ein jeder Strahl dann eine größere Fläche erwärmen, als wenn er senkrecht auftritt. Auch wenn am Nordpol oder Südpol jeweils die Hälfte des Jahres die Sonne durchgehend scheint; warme Temperaturen entwickeln sich trotzdem nicht. Anders sieht es äquatornah aus: Hier treffen die Sonnenstrahlen nahezu senkrecht auf – und entwickeln die tropische Hitze. Es kommt also nicht vorrangig darauf an, wie lange die Sonne scheint, sondern in welchem Winkel ihre Strahlen auf der Erde auftreffen.
Dipl.-Ing. Bernd J. Mischlewski, bm@mischlewski-consulting.com 

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