FocusWriter: Nur den Text im Blick

FocusWriter: Nur den Text im Blick

Immer mehr und immer aufwendiger? Der Trend scheint in letzter Zeit bei vielen Autoren in die entgegen gesetzte Richtung zu gehen. Ob es jetzt um Hemingwrite, eine Schreibmaschine, die Texte digital verarbeitet und an eine Cloud sendet, oder ganz normale Textverarbeitungsprogramme geht: Zu viele Funktionen lenken ab. Gerade wenn die erste Version des Textes ja doch nur einmal ohne großartige Formatierungen runter geschrieben werden soll. Hier eine Sonderformatierung, da den Text extra einrücken, das braucht es oft nicht. – Und frisst vor allem unnötig Zeit. Deshalb habe ich während des diesjährigen NaNoWriMos einmal Abstand von meinem geliebten Word genommen und bin stattdessen Zeitweise auf FocusWriter umgestiegen.

Ich war dabei einfach auf der Suche nach einem Programm, das zum einen alle anderen Programme wie z.B. meinen Browser bzw. iTunes oder Spotify, die im Hintergrund noch laufen, ein wenig ausblendet und durch ein simples Aussehen sowie eine einfache Bedienung besticht, gleichzeitig aber auch Dateien produziert, die mit anderen Textverarbeitungsprogrammen kompatibel sind.
Und FocusWriter hat mich mit diesen Zielen nicht enttäuscht, sondern viel mehr noch überrascht, weil am Ende doch mehr in dieser eigentlich recht schmalen Freeware steckt als gedacht.
Aber alles der Reihe nach.

Design und Benutzung

Öffnet man das Programm blickt man zu allererst auf das berühmte, schneeweiße Blatt, das jeder Autor fürchtet. Dahinter eine helle Holzoberfläche, die wohl einen Tisch nachahmen soll. (Vgl. Nummer 1 im Bild unten) So weit so gut. Ein paar Klicks entfernt liegen auch noch ein paar andere Designs, wovon es auch insgesamt nur mickrige vier gibt, die allerdings meiner Meinung nach nur noch fürchterlich unruhig und ablenkend sind. Mal sind es zu große Kontraste und zu viele Farben, mal so wenige, dass man seinen eigenen Text kaum noch lesen kann. Auch die Standardeinstellungen gefallen mir für die Benutzung bei keinem der vier, jedenfalls nicht bei meiner Bildschirmgröße. Der Vorteil: FocusWriter erlaubt es ganz einfach, neue Designs zu erstellen oder durch eine Duplizierung der Standarddesigns die wiederum anzupassen.

Die vier Standardesigns die FocusWriter anbietet: Ich persönlich finde Nummer 2-4 unglaublich störend bzw. unangenehm zum Schreiben/Arbeiten. Kann an mir liegen, aber gerade die vielen Farben bzw. starken Kontraste (3 & 4) sind für mich dabei eher kontraproduktiv

Zusätzlich etwas gewöhnungsbedürftig zu Beginn ist, dass alle Arten von Navigationsmenüs etc. zu Beginn ausgeblendet sind und man die nur durch ein Darüberfahren mit der Maus sichtbar machen kann. Natürlich alles keine Hexerei, aber etwas irritierend, auch wenn man sich sehr schnell daran gewöhnt. Der Vorteil daran ist auf der anderen Seite natürlich wieder, dass man, da das Programm den gesamten Bildschirm ausfüllt, sich nicht so leicht von dem Rest, der sonst so über den Bildschirm schwirrt, ablenken lässt. Ich habe z.B. normalerweise beim Schreiben eigentlich immer den Browser offen, um möglichst einfach einmal noch die eine oder andere Kleinigkeit nachzurecherchieren.
Nur von Google – das wissen wir alle – ist es auch nicht weit zu YouTube, Facebook, Twitter & Co. Und tatsächlich habe ich bei mir festgestellt: Wenn ich das kleine Firefox-Symbol in der Ecke nicht ständig sehe, gehe ich tatsächlich auch seltener unnötig online, obwohl ich eigentlich doch gerade das nächste Kapitel beenden wollte.
Kurz: Meine ersten beiden Ziele waren damit erfüllt. Mehr Konzentration und eine simple, abgespeckte Bedienung. Check.

Kompatibilität

Das war für mich auch noch ein sehr wichtiger Punkt. Es gibt nichts Schlimmeres als Schreibprogramme, die zwar vielleicht noch so hübsch sein mögen, für die man aber fünf Converter braucht, um die produzierten Dateien in den Standardsoftwares Word und Open Office zu öffnen, oder die – noch schlimmer! – nur unformatierte txt-Dateien ausspucken.
Die Übertragung zwischen FocusWriter und Open Office (bzw. auch Word, ich habe beides getestet) läuft dagegen zwar halbwegs reibungslos. Die Freeware verarbeitet odt-Dateien, also das Standardformat von Open Office, das aber auch Word öffnen kann. Im schlimmsten Fall mit einem schnell installierten Converter.
Interessanterweise ist dabei das Öffnen von FocusWriter-Dateien in den normalen Textverarbeitungsprogrammen weniger ein Problem als die ganze Chose umgekehrt zu machen. Das gibt zwar auch nur manchmal eher minimale Leerzeichenfehler, aber diese Fehler sind nun einmal da. Nicht wirklich schlimm, können aber etwas nervig sein, weshalb es sich evtl. empfiehlt, bereits begonnen Texte das erste Mal einfach rüber zu kopieren und eine neue Datei anzulegen. Funktioniert und gefällt mir.

Ein paar praktische Kleinigkeiten

Unabhängig von den Dingen, die ich von FocusWriter „wollte“ habe ich während des NaNos noch ein paar Kleinigkeiten entdeckt, die sich als unglaublich praktisch erwiesen haben und die ich deshalb an dieser Stelle auf jeden Fall noch einmal erwähnen möchte.
Dazu gehört unter anderem einmal die Möglichkeit, sich ein Tagesziel einzustellen und damit verbunden die Prozentangabe, die man durch eine Zeile am unteren Bildschirmrand gemeinsam mit dem aktuellen Gesamtwordcount einsehen kann. Kein nerviges Gerechne, wie viel jetzt noch fehlt, um das Tagesziel zu erfüllen, was mir zeittechnisch während des NaNos sehr geholfen hat. Durch einen Blick in den Kalender kann man sich übrigens auch angucken, an welchen Tagen man sein Tagesziel erreicht hat und wann nicht.
Das nächste wäre die Möglichkeit, sich das Dokument in Abschnitte einzuteilen. Seien es Kapitel oder was auch immer man sich gerne da auswählen möchte, durch eine bestimmte Zeichenkombi (Standardmäßig ist das glaube ich ##, allerdings habe ich mir sehr bald einfach ein doppeltes Leerzeichen dafür eingestellt) wird ein Marker gesetzt, den die Software verarbeitet, sodass man sich später durch einen Reiter am linken Bildschirmrand durch das Dokument hangeln kann. Gerade bei langen Texten bzw. ganzen Büchern ist das eine lebenswichtige Funktion, denn: FocusWriter hat keine Seiteneinteilung. Alles ist ein ewig langer Fließtext, dessen Länge nur durch die Anzahl der Wörter eingeschätzt werden kann.
Und last but not least: Etwas, das vielleicht schon lächerlich banal erscheinen mag. FocusWriter bietet eine sehr stabile Portable-Version an. Sprich: Eine Version, die man ganz einfach auf einer externen Festplatte oder einem USB-Stick speichern und an jedem kompatiblen Computer öffnen kann. Für mich war das deswegen so praktisch, weil ich zu Hause an einem anderen und schwereren Laptop arbeite als unterwegs. Wenn ich z.B. in der Uni bin, dann habe ich nur ein kleines, sehr altes Netbook dabei, das zum Mitschreiben seinen Dienst tut und sehr leicht ist, aber keine aufwändigeren Programme packt. Meine Dateien trage ich dann meistens auf einem USB-Stick mit mir rum. Da war/ist es mit FocusWriter sehr praktisch, einfach auf diesem Stick das Programm öffnen zu können und unabhängig vom Computer am selben Punkt wie zuvor weiter zu arbeiten. Und noch dazu frisst diese Portable-Version weniger Strom als Open Office oder Word, was bei langen Uni-Tagen für mich eindeutig ein großer Vorteil ist.

Lange Rede, kurzer Sinn

FocusWriter ist ohne Zweifel ein schlanke, simple Software, das genau das erfüllt, was es soll: Eine einfache Zählung des WordCounts und Tagesfortschritts sowie eine simple Möglichkeit, sich auf seine Texte zu konzentrieren und eine brauchbare Kompatibilität mit anderen Programmen. Zwar ist es gleichzeitig an manchen Stellen etwas zu schlank (z.B. im Bezug auf die Designs), aber für ein konzentriertes Arbeiten an der ersten Version eines Romans o.ä. eignet es sich auf alle Fälle wunderbar. Kann ich nur weiter empfehlen.

FocusWriter zum Download bei Chip.de
FocusWriter Portable zum Download bi Computerbild.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert