Gastbeitrag: Die Auserwählten – bewährt, oder doch nur Kitsch?

Gastbeitrag: Die Auserwählten – bewährt, oder doch nur Kitsch?

Auserwählt zu sein, das bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Der Held darf sich nicht von seinem Weg abbringen lassen, denn das Schicksal hat es so gewollt. Der Auserwählte ist der eine, der dazu gemacht ist, den Ring ins Feuer zu werfen. Er ist der eine, der den dunklen Lord besiegen kann, weil er der ist, der seinen Todesfluch schon einmal überlebt hat.

Es gibt viele beliebte Geschichten über Auserwählte. Der Leser kann mit ihnen mitfiebern, weil er im Grunde genommen den finalen Kampf schon durch eine Prophezeiung kennt und weiß, was dem Helden bevorsteht. Die große Frage ist: Kann er den Antagonisten besiegen und seine Aufgabe erfüllen? Oder er einfach umkehren?
Am Anfang seines Lebens begegnet Harry Potter seinem größten Widersacher. Dieser taucht immer Wieder auf und spätestens im fünften Band als Harry die Prophezeiung kennt ist klar, dass er ihm am Ende seiner Reise alleine gegenüber muss.

Aber ist der Held der Geschichte kein klassischer Auserwählter, dann ist das Ende seiner Reise häufig ungewiss. Oft lässt es sich an vielen Stellen durch Vorausdeutungen erahnen, jedoch ist dies nicht so deutlich, wie die Prophezeiung bei dem Auserwählten. Nehmen wir zum Beispiel den ersten Band der Tribute von Panem. Zwar wird Prim vom Schicksal auserwählt, um an den Hungerspielen teilzunehmen, jedoch meldet sich Katniss freiwillig, um an ihre Stelle zu treten. Der Leser weiß nur, dass sie die Hungerspiele überleben muss, um zu gewinnen, aber Katniss selbst glaubt nicht daran, dass sie es schaffen kann. Und auch für den Leser ist der Ausgang der Geschichte ungewiss.

Beide Charaktere, ob von einer Prophezeiung auserwählt oder nicht, haben ihren eigenen Charme. Und in beiden Erzählungen kann sehr viel Spannung stecken.

Bewährt ist das Modell des Auserwählten sicherlich, denn nicht umsonst sind die Geschichten von Harry Potter und Frodo so erfolgreich geworden. Aber ist ein Held gleich kitschig, wenn er der Auserwählte ist? Sicherlich nicht. Denn genauso, wie die Heldenreise ein Modell ist, dass sich immer noch großer Beliebtheit erfreut, ist es auch das Modell der Auserwählten. Wer hat denn nicht in seiner Kindheit beim Lesen von Harry Potter den Wunsch verspürt, einen Brief von Hogwarts zu bekommen, ebenfalls auserwählt zu sein, um eine Schule für Zauberei zu besuchen? Und ist nicht im Grunde genommen jeder Held vom Autor auserwählt worden, um seine Geschichte zu erzählen?

Die Gastautorin: Tinka Beere

In der Welt der Schreibenden bin ich als Tinka bekannt. Doch auch ohne mein Pseudonym habe 

ich schon geschrieben. Mein Leben begann am 16. August 1991 in einer kleinen Stadt im 

Norden Brandenburgs. Das Schreiben und Lesen lernte ich wie die meisten Kinder in der 

Schule und seitdem war kein Buch mehr vor mir sicher. Und auch das Ausdenken eigener 
Geschichten war nicht weit. Seit zirka einem Jahr nehme ich das Schreiben wirklich ernst. 
Ich bin gerade dabei herauszufinden, in welchem Genre ich mich wohl fühle, dabei darf die 
Romantik aber nie zu kurz kommen. Seit dem Dezember 2013 blogge ich unter: http://tinkabeere.wordpress.com/

Ein Gedanke zu „Gastbeitrag: Die Auserwählten – bewährt, oder doch nur Kitsch?

  1. Ich würde mal sagen, dass es einen gewaltigen Unterschied macht, ob ein Charakter nun vom Schicksal auserwählt wird oder nicht. Frodo beispielsweise wurde ja nicht von einer höheren Gewalt auserwählt, um die Welt zu retten. Stattdessen haben sich alle Völker zusammengesetzt und festgestellt, dass irgendjemand den Ring nach Mordor bringen soll. Niemand hat Frodo gesagt, dass er das tun muss, sondern er hat sich selbst dafür entschieden. Und selbst wenn man Frodo dazu gezwungen hätte, wäre damit noch nicht klar gewesen, wie das Ganze ausgeht.

    Harry Potter wurde hingegen vom Schicksal auserwählt. Seine Prophezeiung kommt von einer höheren Gewalt und sagt klar und deutlich, dass etwas unweigerlich passieren muss. Harry hat dieses Schicksal nicht gewählt und hat keinen Einfluss darauf. Es ist eine Prophezeiung und was sie sagt, wird auch passieren, egal ob Harry das will oder nicht.

    Das ist der große Unterschied: Frodo und Katniss sind keine "Auserwählten" im eigentlichen Sinne. Ihnen wird zwar eine Aufgabe auferlegt, allerdings nicht vom Schicksal, sondern von ihren Mitmenschen. Darum ist ihre Aufgabe sehr variabel und es steht noch nicht fest, wie die ganze Sache ausgehen wird.
    Harrys Schicksal hingegen steht durch die Prophezeiung fest. Allerdings gibt es im Fall von Harry die Besonderheit, dass die Prophezeiung sehr vage formuliert ist. Sie sagt nur aus, dass etwas passieren wird, aber nicht genau was. Dadurch sind die Ereignisse noch nicht in Stein gemeißelt und bleiben unvorhersehbar. Das ist ein wichtiger Punkt, weil eine vorhersehbare Geschichte nunmal langweilig wird.

    Man sollte mit Prophezeiungen sehr vorsichtig sein. Sie können zwar für Spannung sorgen, wenn man aber zu viel prophezeit, zerstört man jegliche Spannung wieder. Das Prophezeite MUSS nunmal passieren, das ist Kennzeichen einer Prophezeiung. Und wenn man nun prophezeit, dass der Held am Ende die Welt rettet, spoilert man letztlich das Ende er Geschichte.
    Das Problem ist mir beispielsweise im Film "Duell der Magier" aufgefallen. Der Film beginnt mit einer kurzen Erzählung inklusive einer Prophezeiung, die besagt, dass der Held am Ende die böse Hexe besiegen muss. Danach war es irgenwie schwer, den Film spannend zu finden, da man mir quasi in den ersten 5 Minuten das Ende verraten hat.

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