Schreibzeit effektiv nutzen
Für jeden von uns hat der Tag nur 24 Stunden, etwa ein Viertel davon verbringen wir schlafend.
Viele von uns haben auch noch den Brotjob, der acht Stunden beansprucht. Zusätzlich noch eine Stunde, oder auch mehr Fahrzeit. Familie und Freunde wollen ebenfalls nicht vernachlässigt werden.
Da bleibt rein rechnerisch schon nicht mehr so viel von den 24 Stunden übrig.
Gehen wir der Einfachheit halber mal davon aus, ihr habt noch vier Stunden Zeit. Das klingt super viel, die ihr nur zum schreiben übrig habt. Und dann gilt es, diese Zeit auch zu nutzen.
Gleich mal vorweg, was für mich funktioniert, kann für viele von euch totaler Quatsch sein.
Einen Teil dieser Tipps nutze ich selbst, andere taugen für mich nicht oder nur bedingt. Deswegen kann das nachfolgende nur einen Schubs in die vielleicht richtige oder auch falsche Richtung sein. Aber probieren geht ja bekanntlich über studieren, außerdem wisst ihr dadurch wenigstens schon mal, was für euch nicht funktioniert.
Ich persönlich funktioniere vor dem Bürojob besser als danach. Deswegen versuche ich alles was ansteht vor meiner Arbeitszeit zu erledigen. Diesen Artikel schreibe ich in meinem Schreibcafé, bevor ich die letzten Meter ins Büro gehe. Nachmittage sind bei mir meistens mit anderen Dingen vollgepackt. Wobei auch im Haushalt gilt: Zehn Minuten dranbleiben sind besser als eine Stunde irgendwas ohne Plan gemacht. Aber das nur mal nebenbei.
Ich bin Pantserin aus Leidenschaft, oder zu doof zum plotten. Vielmehr zu doof, um mich dann an den eigenen Plot zu halten, weswegen ich es gleich lasse und nur eine grobe Marschrichtung habe. Das versetzt mich in die glückliche Lage, dass ich einfach losschreiben kann.
Pomodoro-Technik nach Francesco Cirillo
Bei dieser Methode wird die vorhandene Schreibzeit – nehmen wir einfach mal eine Stunde an – in kleine Arbeitseinheiten und Pausen unterteilt. Ich persönlich bevorzuge 15 Minuten schreiben/korrigieren und fünf Minuten Pause, so dass ich vier Einheiten in einer Stunde unterbekomme. Hier müsst ihr einfach experimentieren, welche Zeiten zu Euch passen, allerdings sollten die Pausen nicht länger als zehn Minuten sein. Das reicht um Teenachschub zu kochen, Kaffee zu holen, frisches Wasser aufzusprudeln oder was ihr sonst braucht. Wichtig ist, sich wirklich durch absolut nichts ablenken zu lassen. Dafür gibt es auch zahlreiche Apps um das Internet temporär zu sperren. Vielleicht reicht es Euch aber auch, den Flugmodus zu aktivieren.
mehr dazu:
http://wirtrainieren.de/werkzeugkoffer/pomodoro-technik/
Nicht nur im NaNo: Wordwars/Wordsprints
Erst mal vorweg, “Wordwar” find ich nicht schön, ich mag den Ausdruck Wordsprint lieber, denn ihr bekriegt euch ja nicht, sondern wollt – jedenfalls in meinem Verständnis – gemeinsam weiterkommen.
Hier im Schreibnacht-Forum haben wir das unendliche Glück, dass zu fast jeder Tages- und Nachtzeit Gleichgesinnte unterwegs sind und die auch für einen Wordwar zu haben sind.
Was ist ein Wordwar/Wordsprint, fragt ihr euch?
Einfach ausgedrückt ist es ein „um die Wette schreiben“ von mindestens zwei oder mehr Personen. Es gibt sowohl auf Facebook als auch Twitter Gruppen und Seiten, die auch außerhalb des NaNo Wordsprints veranstalten. Aber nichts und niemand hindert euch, mit eurem Schreibbuddy eine Anfangszeit und Schreibdauer festzulegen und schon kann es losgehen. Ich persönlich mag gerne zehn Minuten-Wordsprints zum “warmwerden” und danach dann gerne zwei- oder dreimal hintereinander 20 Minuten. Auch hier gilt: Ihr müsst für euch selbst herausfinden, was für euch taugt und was nicht.
Aber denkt auch hier an die Pausen. Gerade schreiben unter Druck ist anstrengend.
Mach deine Schreibzeit zu einer Verwöhnzeit
Kocht euch euren Lieblingstee, gönnt euch besondere Bohnen für die Kaffeemaschine, kauft euch beim Bäcker eures Vertrauens euer Lieblingsgebäck, legt euch eine Tafel Schokolade oder eine Tüte Gummibärchen auf den Schreibtisch, macht euch einen Obstsalat … Was immer euch gerade glücklich macht. Von mir aus kann auch die neueste Folge eurer Lieblingsserie, ein heißes Bad mit Verwöhnschaum oder früh ins Bett gehen als Belohnung herangezogen werden. Sucht euch einfach etwas aus, auf das ihr Euch freut und dann legt los.
Egal ob recherchieren oder schreiben, egal ob ihr euer Ziel erreicht, oder nicht: Ihr habt es versucht und jedes Wort zählt.
Und auch wenn manche eine Kurzgeschichte am Tag schaffen und es bei euch heute nur 300 Worte geworden sind: Egal! Freut euch einfach! Und jetzt rein in die Wanne, rauf auf die Couch ohne schlechtes Gewissen, denn morgen ist auch noch ein Tag.
Perfektionismus – ein zweischneidiges Schwert
Oft lese ich: Der erste Draft muss nicht perfekt sein. Und das stimmt auch. Für mich jedenfalls.
Aber ich kenne auch genug AutorInnen, die es wahnsinnig macht, wenn sie mit Platzhaltern arbeiten sollen. Teilweise so schlimm, dass sie das Projekt weglegen.
Ich selbst nutze Platzhalter, wenn es schnell gehen muss. Oder wenn ich unterwegs schreibe und keine Zeit oder Möglichkeit habe in meinen Planungsdocs nachzusehen oder zu recherchieren. Aber Mut zur Lücke ist nun mal nicht jedermanns/-fraus Sache und auch das muss respektiert werden. Wenn euch ein Satz blöd vorkommt, markiert ihn, schreibt weiter und nutzt die nächste Arbeitsphase um alle Markierungen zu prüfen und gegebenenfalls zu verbessern.
Günstigstenfalls werdet ihr feststellen, dass es so schlimm gar nicht ist. Dann könnt ihr in der wiederum nächsten Phase entspannt weiterschreiben, ohne dass Euch dieser Platzhalter oder eine Formulierung die ganze Nacht wach halten.
Bei Namen mache ich es mir ebenfalls einfach. Manchmal braucht eine Nebenfigur schnell einen Namen, und ich habe dafür eine_n Schauspieler_in bzw. eine Rolle im Kopf. Dann heißt diese Figur eben so lange Dr. Strange, Dr. Who, Anakin oder Travolta, bis mir der passende Name eingefallen ist.
Szenenweise schreiben
Ihr habt noch eine halbe Stunde bevor Ihr zum Arzt müsst/die Kinder aus der Schule kommen/ das Abendessen gekocht werden soll? Und da ist diese eine Szene, die eigentlich noch gar nicht dran ist, aber gerade unheimlich präsent ist?
Dann ran an die Tasten, den Schreibblock, das Diktiergerät und schreibt.
Dann nervt sie euch nicht länger und kann später einfach eingefügt werden. Bestenfalls eine Win-Win-Situation.
Zeitfresser eliminieren
Mal „eben schnell“ Mails checken und wenn man eh schon dabei ist die neuesten Einträge auf den sozialen Medien checken, nur kurz antworten, das kann schon nicht so lange dauern … denkste. Ich ertappe mich selbst regelmäßig dabei, wie ich mit dem festen Vorsatz etwas zu erledigen an den PC gehe und dann zwei Stunden später wieder im Wohnzimmer sitze denke „Mist, die Mail hab ich jetzt doch nicht geschrieben.“ Der Grund? Versacken auf Twitter und Co. geht schneller und unbewusster als man denkt.
Wenn Mails anstehen, der Urlaub gebucht werden muss oder Recherche ansteht, nehme ich mir dafür eine Zeit, in der ich fürs schreiben an sich keine Energie mehr habe, der Rest landet auf der To-Do Liste. Es empfiehlt sich auch, diese tatsächlich zu führen, nicht nur gedanklich. Zahlreiche Apps helfen dabei, wenn einem die schnöde Textdatei zu unmotivierend ist, oder man handgeschriebene Listen gerne verlegt, was eine meiner Superkräfte ist.
Findet euren Rhythmus
So blöd es klingt: Findet heraus, wie euer Körper tickt. Lieber früh aufstehen, oder abends lange wach? Ihr habt nach dem Job/wenn die Kinder im Bett sind etc. noch Energie für Formulierungen und Recherche? Oder braucht ihr erst eine Pause?
Probiert verschiedene Zeiten, notiert die jeweilige Wortzahl in einer Tabelle und konzentriert Euch auf die Zeiten, die sich als am produktivsten herausgestellt haben.
Vielleicht ist es auch der Ort, der euch produktiv bzw. unproduktiv macht?
Vergleicht verschiedene Schreiborte (PC zuhause, Bücherei/Bibliothek, Café, Park etc.) und versucht so viel Zeit wie möglich an eurem Ort zu verbringen.
Erfasst das wann, wo und wie viel und wertet es aus.
Klar ist schreiben im Park im Winter irgendwie nicht so gut möglich (davon ausgehend, dass man irgendwo in Europa lebt) und die Bücherei kann einen manchmal auch wahnsinnig machen, anstatt zu beruhigen. Aber ein schlechterer Schreibtag ist trotzdem ein Schreibtag.
Deadline setzen
Niemand hindert euch daran, euch eine eigene Deadline zu setzen. Schlimmstenfalls ärgert ihr euch, weil ihr es nicht bis Tag X geschafft habt. Bestenfalls seid ihr tatsächlich mit dem Kapitel fertig geworden.
Ziel erreicht?
Glückwunsch! Freut euch, feiert euch, gönnt euch eine Auszeit. Oder schreibt weiter, wenn ihr gerade im Flow seid! Nur ihr könnt wissen, was gerade das Richtige ist.
Es hat nicht geklappt? Auch kein Beinbruch. Aber hier solltet ihr analysieren warum es nicht geklappt hat. Habt ihr euch zu wenig Zeit für die Aufgabe gelassen, oder waren die Ablenkungen schuld, dass es nicht geklappt hat?
Schaut in euer Schreibjournal und findet es heraus.
Hakt den „Misserfolg“ als Erfahrung ab und probiert es gleich nochmal.
Schreibt genau jetzt 100 Worte
Wie, jetzt sofort? Ja! Ihr habt Zeit im Internet zu surfen, also habt ihr auch Zeit, zu schreiben, oder?
Hundert Worte sind nicht viel. Bei mir – mit der Hand geschrieben eine DIN A5 Seite. Vielleicht löscht ihr diesen Versuch wieder, weil es irgendwie nicht passt und zu spontan ist. Aber genau hier und jetzt habt ihr geschrieben.
Und wer weiß, vielleicht sind es genau die hundert Worte, die nur ein Anfang für den heutigen Tag sind.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine tolle (Schreib-)Zeit und nicht vergessen:
Auch euer Lieblingsroman wurde nicht an einem Tag geschrieben, und auch der/dem AutorIn ging es wahrscheinlich nicht besser als euch.
7 Gedanken zu „Schreibzeit effektiv nutzen“
Das mit dem Tee funktioniert definitiv. Also bei mir. Ich hatte auch mal eine Art Ritual, das ich wieder einführen sollte. Nämlich, dass ich, wenn ich nachhause gekommen bin, gegessen habe, danach kurz unter die Dusche gesprungen bin und mich dann ans Schreiben gesetzt habe. Hat eine Zeit lang mal gut funktioniert.
Ich hangle mich gerne durch Schreibtouren. Wenn ich plotte (wie es momentan häufiger vorkommt, da mir ein und dasselbe Plotbunny mittlerweile seit einem halben Jahr auf den Keks geht), setze ich mir auch bestimmte Zeiten, wo ich mich nur auf das Plotten konzentriere und mich durch nichts ablenken lasse.
Der absolute Killer für mein Schreiben ist nicht nur Lautstärke, sondern auch völlige Stille. Deshalb mache ich mir beim Schreiben (jedenfalls wenn ich effektiv sein will) immer leise Musik an, die auch zu dem passt, was ich gerade schreibe. Das hilft mir, mich in einen „Tunnel“ zu begeben und ist (meistens) ziemlich produktiv.
Mal sehen, wie es läuft, wenn ich bald anfange, zu überarbeiten.
Ich finde einfach, schreiben sollte etwas sein, das für uns positiv ist. Nicht dieses „ich muss heute noch xxx Seiten schreiben/überarbeiten“ denn dann geht der Spaß daran ganz schnell verloren. Die „Belohnung“ einfach helfen, das wegzudenken und den Spaß, die positiven Dinge hervorzuheben.
Ich habe festgestellt, dass ich beim Geräusch von Nieselregen oder prasselndem Feuer am besten arbeiten kann.
Für mich sind die 100 Wörter ein Wink zum Schmunzeln gewesen, der aber wohl nachhallen wird. 😉
Ich bin nicht sicher, ob die Tipps mir wirklich langfristig helfen, weil (wie du, Irina, ja auch geschrieben hast) jeder seinen eigenen Rhythmus finden muss und ich noch dabei bin, das zu tun.
Vielen Dank für den Input!
Wenn ich jetzt verrate, wie viele davon bei mir funktionieren … neeee *lach* Aber manchmal hilft ein Schubs und man hat selbst eine Idee, was funktioniert. Aber genau das war ja auch der Gedanke dahinter 🙂
Ich muss sagen, dass bei mir ‚Schreibzeit richtig nutzen‘ auch ganz viel mit dem üblichen Alltag und meiner mentalen Verfassung zu tun hat. Nicht nur, was das eigene Schreiben angeht (‚Schreibblockade‘ oder Selbstzweifel), sondern auch was den ‚Mental Load‘ angeht. Ich komme ganz schwer ins Manuskript, wenn ich gleichzeitig noch an die Schulprobleme, den nächsten Arzttermin oder die anstehende Steuererklärung denken muss. Ich helfe mir da mit Checklisten oder manchmal auch ganz einfach mit Verdrängen (nicht immer gut…).
Letztlich hat es, glaube ich, sehr viel mit Willen und Hingabe zu tun. Es einfach tun. Leichter gesagt als getan.
Praktisch helfen tun mir tatsächlich die WordWars ganz gut und die 100 Wörter JETZT. Tja, das ist einfach ein Punkt. 😉
Mein Mann (der gar nicht selbst schreibt) erinnerte mich da gestern dran. Terry Pratchett habe täglich 500 Wörter geschrieben. In diesem Sinne!
Danke für die Erinnerung! 😀
Ja Familie, egal wie sehr man sie liebt , manchmal sind sie mit Schreibzeit so gar nicht vereinbar. Bei mir ist es ähnlich. Auch wenn mein Sohn eigentlich alt genug ist, schon viele Dinge auch allein zu regeln, hab ich doch oft nicht die Ruhe, bis er wieder daheim ist. Oder wir erledigen drei Dinge auf einmal, dann bleibt nur noch Zeit für Essen kochen und der Tag ist wieder vorbei. Deswegen liebe ich meine kleinen „Schreibinseln“, wenn er bei Freunden ist und der Mann in der Spätschicht.