Show, don’t tell: Einfache Tipps für einen besseren Schreibstil

Show, don’t tell: Einfache Tipps für einen besseren Schreibstil

Wenn wir schreiben, erzählen wir nicht einfach nur eine Geschichte. Wir erleben sie mit unseren Charakteren. Wir stehen neben ihnen, befinden uns im selben Raum und spüren die Temperatur, riechen den in der Luft liegenden Geruch und so weiter. Wir sind unsichtbarer Begleiter vom Anfang bis zu Ende. 
Und als solche sind wir hautnah dabei. Wir schauen uns keinen Film an, den wir dann wiedergeben („So ein großer Feuerball!!! Booah!“), sondern teilen ein Erlebnis mit, das wir durchgemacht haben. Das mag jetzt etwas paranoid klingen, aber so stelle ich mir das Schreiben vor. Ich will nicht einfach beschreiben was gerade passiert („Er springt vom Dach. Alle tot.“), sondern den Leser die Geschichte ebenfalls hautnah miterleben lassen. Das funktioniert am besten durch einen flüssigen Schreibstil und indem man dem Leser zeigt was passiert, anstatt es einfach nur zu erzählen. 
Wenn wir also eine Geschichte schreiben, müssen wir auf Details achten, die wichtig sind. Vieles kann man der Phantasie des Lesers überlassen. Das macht es einfacher zu lesen und lässt uns nie vergessen, dass der Leser nicht dumm ist. Unsere Story ist nicht die erste, die er liest. 
Stell dir vor, dein Charakter betritt ein Zimmer, das er noch nie zuvor gesehen hat. Dem Leser wird es genauso wie ihm gehen. Er hat keine Ahnung, was sich dort drinnen befindet und gemeinsam mit deiner Figur nimmt er das wichtigste in sich auf. 

Ausgangssituation: Ein Charakter ist mit seinem One-Night-Stand zu ihr nach Hause gegangen.

Uwe betrat das Wohnzimmer und sah sofort das vollgestopfte Bücherregal. Nicht einmal ein Finger hätte noch zwischen die vielen Schmöker gepasst. Trotzdem wirkte es sehr sauber und ordentlich, wie der Rest des Raumes. Über dem Sofa hing ein gerahmtes Poster an der Wand, der einzige Teppich im Raum befand sich unter dem Couchtisch. Was Uwe aber am meisten faszinierte, war der riesige Fernseher.

Für den weiteren Verlauf der Handlung müssen diese Details nicht wichtig sein, aber wir haben ein Gefühl für unsere Umgebung bekommen. Vielleicht sogar etwas über unsere Figuren erfahren. Die eine liest gerne, der andere schaut lieber in die Röhre. Erlaubt euch hierbei aber kein Urteil über die einzelnen Figuren. Überlasst das dem Charakter und wie gesagt, beschreibt nur was wirklich nötig ist. Sonst bremst ihr den Lesefluss. Ich hätte noch erwähnen können, was für Bücher es sind, die Uwe da sieht. Taschenbücher, Hardcover, Bildbände. Über dem roten Sofa an der weißen Wand hängt ein Bild von Picasso und das Licht kommt von einer Stehlampe. Alle Möbel sind weiß, durch das Fenster sehen wir den Nachthimmel, blah, blah, blah. Alles unwichtig. Worauf achtet ihr, wenn ihr einen Raum betretet? Was nehmt ihr in euch auf? Denkt darüber nach und benutzt es für eure Geschichte. 

Ausgangssituation: Uwe kommt zur Sache.

Im Badezimmer roch es nach Duschgel und Parfum. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Astrid sich vor Verlassen der Wohnung frisch gemacht hatte. Während er urinierte, konnte Uwe ein ganzes Sammelsurium an Frauendüften, Waschlotionen und anderen Kosmetikartikeln sehen. Wie schon im Wohnzimmer war es auch hier außerordentlich sauber. Astrid musste sehr viel Wert auf Pflege und Hygiene legen. Uwe spülte, wusch sich die Hände und verließ das Bad, das direkt neben dem Schlafzimmer lag. Astrid hatte das Licht ausgeschaltet, doch im Halbdunkel konnte er ihren Körper unter der Bettdecke sehen. Es war angenehm warm, so dass er trotz seiner Nacktheit nicht fror.

Düfte sind oft sehr wichtig für einzelne Szenen. Mit ihnen verbinden wir Erinnerungen und das weckt Bilder in unserem Kopf. Dadurch kriegen wir und der Leser eine gewisse Vorstellung davon, wie es im Bad oder so aussieht. Auch hier hätte ich noch auf die Farbe der Fliesen oder so eingehen können, aber wozu? Das Bad wird vielleicht keine große Rolle mehr spielen, jedoch erfahren wir hier noch ein wenig über Astrid. Konzentrieren wir uns also auf die wichtigen Details. 

Ausgangssituation: Uwe rennt um sein Leben

Er konnte froh sein wenigstens noch seine Boxershorts und die Hose mit seinen Autoschlüsseln erwischt zu haben. Als er mit ihnen unter dem Arm das Treppenhaus hinunter rannte, spürte er die Kälte ganz deutlich und bekam eine Gänsehaut am Körper. Von oben schrie Astrid ihm Beschimpfungen hinterher, die an den Wänden widerhallten. Es stank nach Zigaretten und Essen. Eine völlig andere Welt als Astrids Wohnung. Astrid. Der Name ging ihm immer wieder durch den Kopf. Wie hatte er sie nur Helene nennen können? 

Es ist kalt und muffig im Treppenhaus. Und Uwe ist ein Idiot.

Wieder hätte ich so viel mehr beschreiben können, aber diese Szene hat ein schnelles Tempo. Der Prota befindet sich auf der Flucht und alles muss nun sehr schnell gehen. Wen interessiert es da, ob die Wände gelb sind, das Treppengeländer aus Holz oder was auch immer? Wichtig ist, dass der Leser sich mit hineinversetzen kann. Und das schafft man hier am besten mit nur wenigen Details, denn keine Figur wird mit der Angst im Nacken auf seine Umgebung achten. 

Wenn ihr unsicher seid, was wichtig ist und was nicht, lest und achtet darauf, wie andere Autoren es machen. Veröffentlichte Geschichten werden lektoriert und Lektoren geben oft Anmerkungen, was unwichtig ist. Für den Autoren mag das erst mal anders wirken und deswegen solltet ihr euch nicht verrückt machen, was in die Geschichte hineingehört und was nicht. Das können euch Testleser und so hinterher immer noch sagen. Schreibt rein, was ihr für wichtig haltet. Lest bei der Überarbeitung noch mal aus der Sicht des Lesers drüber und achtet darauf, ob es lebendig und flüssig wirkt. Und ob ihr immer noch das Gefühl habt, in die Geschichte eintauchen zu können oder ob ihr euch langweilt. 

3 Gedanken zu „Show, don’t tell: Einfache Tipps für einen besseren Schreibstil

  1. Ein toller, anschaulicher Artikel !
    Ich werde in Zukunft noch mehr darauf achten, was ich wie beschreibe. Du hast nämlich Recht. Jeder Mensch lenkt seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes, wenn er z.B einen Raum betritt.
    Ich habe mal gehört, dass der erste Blick, im Wohnzimmer, auf den Fernseher fällt. Das Ding zieht an wie ein Magnet. Deswegen musste ich schmunzeln, als Uwe die Größe des Gerätes auffiel.
    Ich glaube auch, dass viele Leute, gezielt nach Schmutz suchen. Die Fernsehscheibe wird beim putzen schnell mal übersehen und der Staub, der daran haftet, verrät so einiges.

    Soviel dazu 🙂

  2. Ein wirklich toller Artikel!
    Ich habe nachdem ich ihn das erste Mal gelesen habe, mal bewusst darauf geachtet. Ich habe Gerüche, Geräusche und dergleichen gut eingebaut (meiner Meinung nach 😉 ). Ich muss in Zukunft nur vermehrt darauf achten. dass ich nicht teilweise alles ins kleinste Detail beschreibe, denn es ist wirklich langweilig zu lesen und transportiert gar nichts, wenn man nur "Fakten abarbeitet" 🙂
    Großes Lob 🙂

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